Frage an Volker Wissing von Stephan F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Dr. Wissing,
lieber Volker,
halten Sie es für möglich innerhalb ihrer Partei eine Art Fortbildung zum Thema "Geld" durchzuführen? Es ist den meisten gewähten Volksvertretern wohl bisher nicht zu Ohren gekommen, dass private Banken das Recht zur Giralgeldschöpfung;
und damit die Fähigkeit zur nahezu grenzenlosen Gelderzeugung innehaben.
Und mit diesem Recht faktisch bestimmen wohin der Löwenanteil unserer Wirtschaftsleistung fließt; ungeachtet der Bedürfnisse der Gesamtheit unserer Volksrepublik.
Dieses simple Wissen ist der Schlüssel zu mündigen Bürgern, und das beginnt juristisch bei unseren Politikern mit ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag zur politischen Bildung.
Danke
PS:
Kurze Videos zum Einstieg (Es ist wirklich nicht schwer, nur schwer zu glauben):
http://www.positivemoney.org/how-money-works/banking-101-video-course/
60 Minuten Dokumentation zu dem o.g. Thema als Inspirationshilfe:
http://www.positivemoney.org/videos/97-owned-monetary-reform-documentary/
oder:
http://www.youtube.com/watch?v=d3mfkD6Ky5o
PPS: Diese Frage wird auch anderen Abgeordneten zugesandt
Sehr geehrter Herr Flach,
vielen Dank für Ihre Frage vom 14. September 2013.
Ich glaube nicht, dass eine Fortbildungsmaßnahme zur Giralgeldschöpfung durch die Banken notwendig ist, schließlich sind entsprechende Informationen und Videos weitverbreitet. Allerdings sind diese oft etwas eindimensional und holzschnittartig. Dabei werden die Nachteile des gegenwärtigen Systems überzeichnet und die Schwächen eines sogenannten Vollgeldsystems unterbewertet.
Die Giralgeldschöpfung durch die Banken wird durch das Verlustrisiko und die eingeforderten Sicherheiten begrenzt. Aus Sicht der Banken ist die unbesicherte Geldschöpfung höchstgefährlich, da sie dann entsprechende Verluste tragen muss. Aus diesem Grund ist die Bank bemüht für die Vergabe von Krediten entsprechende Sicherheiten einzufordern, die in etwa dem Wert des verliehenen Geldes entspricht. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass sie keinen oder nur einen geringen Verlust macht, wenn der Kredit seitens des Schuldners nicht bedient werden kann. Die Notwendigkeit von Sicherheiten begrenzt automatisch die Geldschöpfung der Banken und sorgt dazu, dass die Geldmengenentwicklung sich nicht von der wirtschaftlichen Entwicklung loskoppelt. Der Vorteil des bestehenden Systems ist dessen große Dynamik, die das Geld sehr schnell dorthin lenkt, wo es sinnvoll investiert werden kann. Natürlich gibt es Fehlentwicklungen und diesen müssen wir mit der Finanzmarktregulierung entgegenwirken.
Das Vollgeldsystem sieht dagegen vor, dass die Banken die Einlagen der Bürgerinnen und Bürger lediglich aufbewahren, während die für die Kreditvergabe notwendige Geldmenge von den Zentralbanken zur Verfügung gestellt wird. Das Problem dieses Systems ist, dass es sehr bürokratisch, um nicht zu sagen planwirtschaftlich ist. Die Notenbank muss vorher abschätzen, welche Mittel für die Kreditvergabe benötigt werden und diese den Banken zur Verfügung stellen. Sie müsste daher die wirtschaftliche Entwicklung möglichst genau vorhersagen, eine schnelle Reaktion auf ein sich änderndes Marktumfeld ist nur eingeschränkt möglich. Außerdem müssten die Bürgerinnen und Bürger ihr Geld entweder zuhause aufbewahren oder aber die Bank für die Lagerung bezahlen. Geldanlagen dürften damit deutlich schwieriger und weniger lukrativ werden, was gerade für eine Gesellschaft im demographischen Wandel sehr problematisch sein kann.
Meines Erachtens hat sich unser Geldsystem trotz aller Schwächen durchaus bewährt. Es erscheint mir daher sinnvoller zu versuchen, bestehende Probleme zu lösen, statt unserem Land ein neues Geldsystem zu verordnen. Eine solche Radikalkur brächte gewaltige soziale, wirtschafts- und finanzpolitische Verwerfungen mit sich, die für jede Gesellschaft einen enormen Stresstest darstellen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB