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Volker Wissing
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Frage von Robert K. •

Frage an Volker Wissing von Robert K. bezüglich Finanzen

---Wirtschaftswachtum---

Lieber Herr Wissing,

Vielen Dank für ihre letzte Antwort, ich finde es gut das Sie hier aktiv sind. Auch wenn ich mit vielem nicht übereinstimme verstehe ich ihre Argumentation.
Eine Frage interessiert mich aber noch brennend. Sie schreiben Wirtschaftswachstum ist ein Ausdruck der Dynamik einer Gesellschaft. Es muss nicht mit einem erhöhten Ressourcenverbrauch einhergehen, es kann auch auf neuen Ideen, Dienstleistungen oder höherwertigen Produkten basieren.
Das verstehe ich nicht.
Sie geben mir recht, dass unsere Erde ein sehr dynamischer Planet ist. Die Evolution ist dabei ein ständiger Verbesserungsvorgang. Dennoch gibt es nichts auf dieser Welt was unendlich wächst. Alles bildet Kreisläufe. Erstes Semester Physik: positiv rückgekoppelte Systeme kollabieren. Ich finde nun wir sind in den Industrieländern an einem Punkt an dem wir nicht Mehr brauchen sondern nur noch Besseres. Wenn ich heute eine neue Idee habe, ein höherwertiges Produkt entwickle dann verdränge ich damit im Allgemeinen ein schlechteres Produkt. Es gibt für mich daher auch keinen Grund das Bessere langfristig teurer zu verkaufen als das Alte. Die Konkurrenz im Wirtschaftssystem bleibt trotzdem erhalten, die Preise bleiben langfristig stabil, die Produkte und Dienstleistung werden dennoch besser. Wir hätten einen dynamischen Kreislauf. Für Verbesserung braucht es doch in Summe kein Wachstum. Altes Schrumpft, neues Wächst.
Sie sagen: Das Geld wächst mit der Warenmenge. Sind sie sicher das sie nicht Ursache und Wirkung vertauschen?
Ich sage: Wir brauchen Wirtschaftswachstum allein deshalb, damit es zusammen mit der ständigen Inflation (die sonst auch ohne Sinn wäre) das systemimmanente Geldmengenwachstum ausgleichen kann (siehe letzte Frage). Wieso sonst entspricht ein Jahr ohne Wachstum bereits dem fiskalischen Gau?

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Kenner,

vielen Dank für Ihre Frage vom 25. Februar 2013.

Wirtschaftswachstum ist für mich weniger ein Indikator für materielles Wachstum, als vielmehr für Dynamik einer Gesellschaft. Eine Gesellschaft die innovativ und fortschrittlich ist, wird alte Konzepte, Entwicklungen und Ideen durch neue ersetzen. Diese Entwicklung drückt sich auch in Wirtschaftswachstum aus. Eine Gesellschaft die sich nicht wandelt, sich weitgehend auf bereits Bestehendes beschränkt, wird kaum ein steigendes Wirtschaftswachstum aufweisen können. Meines Erachtens basiert ein Großteil der Diskussion über den Begriff des Wirtschaftswachstum, das wir uns zu sehr auf den ökologischen bzw. biologischen Wachstumsbegriff beziehen.

Natürlich kann es in einer Gesellschaft auch abnehmendes Wachstum geben, aber das ist selten ein angenehmer oder gar positiver Prozess. Die Gesellschaft erfährt Wohlstandseinbußen, sie verarmt. Da Verarmung in aller Regel vor allem diejenigen betrifft, die ohnehin schon benachteiligt sind, bin ich sehr skeptisch, wenn Politiker Wachstumsverzicht predigen. Ein Jahr ohne Wachstum entspricht mit Sicherheit nicht dem Gau, aber ich glaube, dass die Menschen ein Jahr mit Wachstum positiver erfahren.

Wachstum basiert nicht nur auf einem mengenmäßigen Wachstum, es ist auch Ausdruck der Ablösung des Alten durch etwas Neues. Das Geldmengenwachstum ist auch nur bedingt problematisch, sofern es mit dem Produktivitätswachstum einhergeht. Eine Gesellschaft produziert höherwertige Güter, dadurch verbessert sich die Gewinnsituation der Unternehmen, die Tarifparteien einigen sich auf eine angemessene Beteiligung der Beschäftigten an den zusätzlichen Einnahmen. Der umgekehrte Prozess hingegen ist weitaus schmerzhafter. Die Wirtschaft schrumpft, Unternehmen erzielen geringere Gewinne und nehmen Entlassungen vor bzw. fordern Lohnzurückhaltung. Die Einkommenssituation der Haushalte verschlechtert sich, dadurch gehen die Steuereinnahmen gehen zurück, der Staat kann bestehende Sozialleistungen nicht mehr finanzieren. Wer Wachstumsverzicht fordert, ist auch für Wohlstandsverzicht und die Beibehaltung des Status quo. Das benachteiligt vor allem diejenigen, die ihre Situation verbessern möchten.

Ihre These, dass wir Wirtschaftswachstum vor allem brauchen, um das Geldmengenwachstum auszugleichen teile ich nicht. Vielmehr geht im Normalfall ein Teil des Geldmengenwachstums auf das Wirtschaftswachstum zurück. Schließlich produziert die Wirtschaft und arbeiten die Menschen nicht, um ein theoretisches Geldmengenwachstum auszugleichen, sondern um ihren Wohlstand zu mehren. Diese Wohlstandsmehrung drückt sich unter anderem auch im Wachstum der Geldmenge aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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