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Volker Wissing
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Frage von Bernhard S. •

Frage an Volker Wissing von Bernhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

vor einiger Zeit wurde eingeführt, das freiwillige Mitglieder gesetzlichen Krankenkassen bei Zahlungsverzug einen Säumniszuschlag von 5% pro Monat bezahlen müssen (zzgl. Mahngebühren).

Somit fällt ein Jahreszins von 60% an. Begründet wird dies mit der Einführung des KV-Pflichtversicherungsgesetzes. Durch die hohen Säumniszuschläge würde die Zahlungsmoral gestärkt.

Fakt ist jedoch, dass unabhängig von der Höhe der Säumniszuschläge sehr zeitnah das Hauptzollamt mit der Eintreibung der rückständign Beiträge beauftragt wird (Zwangsvollstreckung). Somit kommt die GKV unabhängig von der Höhe der Säumniszuschläge bei Personen die zahlungsfähig sind zeitnah an ihre rückständigen Beiträge. Personen die nicht zahlungsfähig sind (i. d. R. kleine Selbstständige) werden durch diese Regelung endgültig in den Ruin getrieben. Als selbstständiger Versicherungmakler kenne ich viele Fällle in denen z. B. Handwerker einen Rückstand von 6000 € haben. Allein die Säumniszuschläge betragen dann 300 € im Monat.

Meine Fragen an Sie:

1.) Wie kann es in einem Rechtsstaat sein, dass legal ein Jahreszins von 60% erhoben wird.

2.) Privatversicherte und Pflichtbeiträge werden bei Zahlungsverzug nur mit 12% Jahreszins belegt. Wie ist dass zu begründen? (willkürliche Ungleichbehandlung)

3.) Wer zeichnet für diese Änderung verantwortlich?

4.) Werden Sie sich für Abschaffung dieser absurden Regelung einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Stephan,

vielen Dank für Ihre Frage vom 10. Dezember 2012.

Die Versicherungspflicht für Selbstständige wurde von der SPD-Gesundheitsministerin, Ulla Schmidt, eingeführt. Das politisch Ziel war, dass jeder Mitglied einer Krankenversicherung sein sollte. Weder bei den Betroffenen, noch bei den Krankenversicherungen traf die Initiative der SPD auf große Begeisterung. Die Betroffenen sorgten sich, zu Recht, wie sich heute zeigt, über die hohen Versicherungsbeiträge und die Versicherungen fürchten sich vor großen Zahlungsausfällen aufgrund säumiger Zahler. Beide Befürchtungen bestätigen sich heute. Damit die Versicherungspflicht eine größere Akzeptanz bei den Versicherungen fand, setzte die SPD die Säumnisgebühren mit 5% sehr hoch an, um den gesetzlichen Krankenversicherung ein Druckmittel gegen Beitragsrückstände in die Hand zu geben.

Das Bundessozialgericht hat die Höhe der Säumniszuschläge ausdrücklich gebilligt. Es sieht darin ein "sachlich gerechtfertigtes Druckmittel", da es den Versicherungen heute nicht mehr möglich ist, Versicherte die ihre Beiträge nicht zahlen, auszuschließen.

Mittlerweile summieren sich die Zahlungsrückstände bei den Krankenversicherungen auf rund 1,7 Mrd. Euro. Im August 2011 waren rund 638.000 Versicherte mit ihren Beitragszahlungen im Rückstand. Die Bundesregierung diskutiert die Einführung eines sogenannten Nichtzahlertarifs. Versicherte könnten sich damit für einen relativ geringen Betrag von rund 100 Euro gegen akute Notfälle versichern. Auf diese Weise wären die Betroffenen zumindest gegen die größten Gesundheitsrisiken abgesichert. Durch die niedrige Prämie wäre auch für die Versicherungen das Risiko von Beitragsausfällen geringer.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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