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Volker Wissing
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Frage von Ulrich B. •

Frage an Volker Wissing von Ulrich B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Dr.Wissing,

als Liberalem dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, meiner Frage eine positive Antwort zu geben.

Was halten Sie von meinem Vorschlag,den Abgordneten im deutschen Bundestag wie vielen anderen Berufstätigen einen ganz normalen Anstellungsvertrag zu geben, in dem genau geklärt ist, was Abgeordnete dürfen und was nicht und sie dann ev. auch sanktioniert werden können, befristet jeweils auf die Dauer einer Wahlperiode?

Freue mich auf Ihre Antwort.

Ulrich Balkenhol

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Balkenhol,

vielen Dank für Ihre Frage vom 9. Dezember 2012.

Ein "normaler" Arbeitsvertrag dient der Vereinbarung der Rechte und Pflichten eines Arbeitnehmers. Dabei wird der Arbeitgeber entweder durch die eigene Person oder aber durch die Personalabteilung des Unternehmens vertreten. Wer soll im Falle des Deutschen Bundestages dem Abgeordneten gegenüber, die Arbeitgeberseite, die Wählerinnen und Wähler des jeweiligen Wahlkreises vertreten bzw. im Fall der Wahl über die Landesliste, die Wählerinnen und Wähler des Landes?

Welches Verhalten wollen Sie sanktionieren und wer soll dies tun? Abgeordnete genießen zwar Immunität, verstoßen sie aber gegen Gesetz, kann der Ältestenrat des Deutschen Bundestages die Aufhebung derselben und damit die Strafverfolgung ermöglichen. Es ist auch nicht so, dass Mitglieder des Deutschen Bundestages keine Pflichten hätten, diese sind im Abgeordnetengesetz aber auch in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages aufgeführt. Beide Dokumente habe ich Ihnen beigefügt.

Ihr Vorschlag mag auf den ersten Blick sehr verlockend erscheinen, er würde aber auch zahlreiche Probleme schaffen. Welche Stelle soll Sanktionen verhängen und in welchen Fällen? Wäre schon ein bestimmtes Abstimmungsverhalten sanktionsfähig oder möchten Sie eine Mindestteilnahme an Ausschuss- bzw. Parlamentssitzungen festschreiben? Ich halte das für sehr problematisch, da es sehr schwer ist, allgemein verbindlich festzulegen, wann ein Abgeordneter sein Mandat gut oder schlecht wahr nimmt. Im Allgemeinen wird dies vor allem über den politischen Erfolg festgelegt. Leistet ein Abgeordneter gute Arbeit wird diese entweder direkt von den Wählerinnen und Wähler über eine Wiederwahl oder aber indirekt durch die Partei über einen aussichtsreichen Listenplatz belohnt. Misserfolg, Inkompetenz und Faulheit werden weder vom Volk direkt noch von den Parteien honoriert. Andererseits steht es den Wählerinnen und Wählern aber frei, auf welche Form der politischen Arbeit sie besonderen Wert legen. Ist es das Engagement für die Region mit einer hohen Präsenz vor Ort oder setzen sie den Schwerpunkt eher auf die fachlich-inhaltliche Arbeit eines Abgeordneten im Deutschen Bundestag.

Die Wählerinnen und Wähler können aber auch ethische Aspekte in ihre Entscheidung mit einbeziehen, indem Sie zum Beispiel Abgeordnete deren Nebeneinkünfte ein aus ihrer Sicht vertretbares Maß überschreitet, nicht mehr wählen oder überprüfen, inwieweit das Abstimmungsverhalten des jeweiligen Mitglied des Deutschen Bundestages ihren politischen Vorstellungen entspricht. Das entscheidende Disziplinierungsinstrument für eine Abgeordneten in einer Demokratie ist die Wiederwahl.

Ihr Vorschlag eines "Arbeitsvertrages" für Abgeordnete ist etwas unpräzise, um abschließend dazu Stellung nehmen zu können. Sollte ein solcher Vertrag in die freie Ausübung des Mandats eingreifen, so könnte er sogar eine Gefahr für die Demokratie darstellen. Zum Beispiel, wenn versucht würde, auf politisch unliebsame Meinungen mittels der Disziplinierungsmittel des "Arbeitsvertrages" Druck auszuüben. Vielleicht ist das deutsche System nicht perfekt, es ist aber das beste, das ich kenne.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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