Frage an Volker Wissing von Frank D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Decker,

vielen Dank für Ihre Frage vom 10. Oktober 2012.

Herr Steinbrück bewirbt sich um eines der höchsten und das mächtigste Amt des Staates. Das Amt ist mit einer ganz anderen Machtfülle ausgestattet, als selbst ein Ministeramt, es ist deshalb auch durchaus verständlich, dass die Nachfragen in Bezug auf Nebentätigkeiten entsprechend kritischer ausfallen.

Hinzu kommt, dass Herr Steinbrück als Finanzminister Unternehmen Aufträge erteilt hat, die ihn nach seiner aktiven Amtszeit wiederum als Redner gebucht haben. Das mögen für Sie Petitessen sein, dass die Öffentlichkeit das anders sieht, können Sie an der andauernden Debatte sehen. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ist nicht irgendein Amt, es ist eines der exponiertesten Ämter, welches dieser Staat zu vergeben hat.

Die Vorwürfe gegenüber Herrn Steinbrück sind auch nicht neu. Abgeordnetenwatch.de hat bereits 2010 auf die umfangreichen Nebentätigkeiten und die geringe Präsenz des Ex-Finanzministers hingewiesen ( http://bit.ly/SLBP5i ). Nach seiner Abwahl hat Peer Steinbrück selbst nicht mehr an eine weitere politische Zukunft geglaubt und sich deshalb vor allem um seinen persönlichen Wohlstand gekümmert. Das dürfte auch mit ein Grund sein, weshalb er kaum noch an Sitzungen des Deutschen Bundestages teilgenommen hat. Ähnlich haben es ja auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder oder der Ex-Außenminister Joschka Fischer gehandhabt. Nur haben diese sich erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt der persönlichen Profitmaximierung gewidmet.

Wenn Sie auf den ehemaligen Wirtschaftsminister, Michael Glos, oder den Generalsekretär der FDP verweisen, so ist mir von beiden nicht bekannt, dass Sie sich um das Amt des Bundeskanzler beworben hätten. Frau Koch-Mehrin hat nach dem Entzug des Doktorgrades ihre Ämter als Leiterin der FDP-Delegation im Europäischen Parlament, als Parlamentsvizepräsidentin und als FDP-Präsidiumsmitglied niedergelegt. Bei Herrn Steinbrück kann weder von Konsequenzen noch von Einsicht die Rede sein. Kritik an seinem Verhalten bezeichnete er als "dämlich" und verstieg sich obendrein in der Behauptung, dass es "Transparenz nur in Diktaturen gebe."

Was meinen Doktortitel betrifft, so schreibt Plagipedia: " Es ist davon auszugehen, dass sie alle wissenschaftlichen Kriterien erfüllt: Es gibt bisher keine gegenteilige Auffassung" ( http://is.gd/OYutVx ). Auf der verlinkten Seite finden Sie auch Hinweise zu den Bibliotheken, in denen die Arbeit eingesehen werden kann, so dass Sie sich auch gerne selbst von der Qualität meiner Dissertation überzeugen können.

Bezüglich meiner Angst vor der nächsten Bundestagswahl hat Sie Ihr Geruchssinn allerdings sehr getäuscht. Ich sehe dieser mit großer Zuversicht entgegen. Es wird die politische Debatte bestimmt sehr beleben, wenn ein mit großer Wahrscheinlichkeit mehrfacher Millionär, wie Herr Steinbrück versucht, sich als aufrechter Streiter für die Benachteiligten in unserer Gesellschaft zu präsentieren.

Wenn Sie die Sendung aufmerksam verfolgt haben, wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass ich Herrn Steinbrücks "Schwänzen" von Bundestagssitzungen nicht thematisiert habe.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB