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Volker Wissing
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Frage von Hans-Günter G. •

Frage an Volker Wissing von Hans-Günter G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Dr. Wissing,

bei der Lifeübertragung der Debatte zu den Anträgen von Grüne und LINKE zu einer Vermögensabgabe, bei PHÖNIX am 27.09.2012, ist mir bei den Redebeiträgen, ganz besonders intensiv bei Ihnen und Ihrer Partei, folgendes aufgefallen: Wenn es darum geht, Sozialleistungen zu kürzen, Rentennullrunden zuzustimmen und Löhne zu drücken, sind Sie und Ihre Partei stets an vorderster Front. Geht es aber darum, die immer reicher werdenden Millionäre und Milliardäre an der Finanzierung staatlicher Aufgaben gerechter heranzuziehen, sprechen Sie von Neiddebatte, verdeckter Enteignung und zeichnen das Schreckgespenst der Reichenflucht an die Wand. Ihr Mitleid gegenüber ihrer Klientel grenzt schon an Realsatire.

Kann diese verzerrte Darstellung der Realität daraus resultieren, dass Sie von genau diesem wohlhabenden Kreis die größten Spenden in Ihre Parteikasse kassieren?

Die Reichen können sich einen armen Staat leisten, doch die kleinen Bürger sind auf den Schutz und die Führsorge des Staates angewiesen. Warum wollen Sie weiter darauf hinarbeiten, dass, wie in dem Reichen-und Armenbericht ebenfalls festgestellt, auch der Staat immer ärmer wird?

Ist Ihnen völlig egal, dass durch diese Schonung der Superreichen die Länder und Kommunen dringend notwendige Aufgaben nicht mehr erfüllen können?

Beim Abzocken der kleinen Bürger sind Sie und Ihre Partei immer sehr engagiert. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass Ihnen diese Bürger bei der nächsten Wahl zu Recht die "rote Karte" zeigen könnte?

Freundliche Grüße
Hans-Günter Glaser

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Glaser,

vielen Dank für Ihre Frage vom 27. September 2012.

Da die FDP nicht die Ministerin für Arbeit und Soziales stellt, sondern diese Funktion von Frau von der Leyen wahrgenommen wird, liegt die politische Verantwortung für die Ausgestaltung von Sozialleistungen zunächst bei der Union. Sie haben sicher Recht, dass die FDP staatlichen Ausgaben gegenüber kritisch ist. Das rührt vor allem daher, dass wir uns sehr bewusst sind, dass der Staat das Geld, welches er den Bürgerinnen und Bürgern gibt, vorher anderen wegnehmen muss.

Sie schreiben, dass der Staat nur die "Reichen" höher besteuern müsste und schon seien alle Probleme gelöst. Wenn Sie sich die Vermögenssteuerkonzepte der Befürworter anschauen, werden Sie aber sehr schnell feststellen, dass das Aufkommen in keiner Relation zu den staatlichen Sozialausgaben steht. Werden betriebliche Vermögen in die Besteuerung einbezogen, das heißt werden zum Beispiel die Maschinen von VW versteuert, ergibt sich ein Aufkommen von rund 10 Mrd. Euro, wenn nicht liegt es bei rund 3 Mrd. Euro, bei einem enorm hohen Verwaltungsaufwand. Der Sozialetat Deutschlands liegt schon heute bei über 130 Mrd. Euro bzw. 37% des Gesamtbudgets. Ihre These, dass mit 3 Mrd. Euro mehr oder weniger ganz andere Sozialleistungen möglich seien, vermag ich daher nicht nachzuvollziehen.

Im Gegenteil, die Vermögenssteuer ist sogar hochproblematisch. Das meint nicht nur die FDP, das schreibt auch das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" (Nr. 39/2012, S. 92):

"Vor allem aber belastet sie gerade jene Bevölkerungsgruppe, deren Besitz weniger aus Yachten, Wertpapieren oder Gemälden besteht, sondern vor allem aus Maschinen und Fabriken. Selbständige mit mindestens zehn Beschäftigten verfügen über das höchste Durchschnittsvermögen aller Bundesbürger. Ein beträchtlicher Teil der 140 000 Privatpersonen, die nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) von den SPD-Plänen betroffen wären, gehört zu diesem Kreis. Allerdings ist die Firma oft auch die einzige Altersvorsorge der Inhaber. Existenzgefährdend kann die zusätzliche Belastung für viele der 160000 Firmen werden, die laut DIW ebenfalls die neue Steuer zahlen müssten."

Die FDP sorgt sich um den Mittelstand, und wir setzen uns für den Erhalt dieser Arbeitsplätze ein. Wenn Sie sich die Mühe machen und sich mit Finanzpolitik in einer Art und Weise beschäftigen, die über den Gebrauch von Schlagwörtern hinausgeht, dann werden Sie sehr schnell feststellen, dass die Vermögenssteuer alles andere als unproblematisch ist.

Die FDP ist im Unterschied zu anderen Parteien nicht bereit, hohe Staatsausgaben mit sozialer Gerechtigkeit gleichzusetzen. Hohe Staatsausgaben führen zu hohen Steuern, diese treffen in aller Regel nicht vorrangig "die Reichen", sondern die Mitte. Der Ex-SPD-Finanzminister, Peer Steinbrück, hat das eindrucksvoll vorgeführt, mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte hat er insbesondere Studierende, Rentnerinnen und Rentner sowie die gesellschaftliche Mitte mit sage und schreibe 25 Mrd. Euro belastet, dahingegen hat die sogenannte Reichensteuer gerade einmal ein Aufkommen von rund 500 Mio. Euro pro Jahr. Der Ausbau des Sozialstaates lässt sich eben nicht, wie es SPD und Grüne suggerieren über eine einseitige Belastung Vermögender finanzieren, dazu ist das mögliche Aufkommen einer Vermögenssteuer viel zu gering, er geht vielmehr stets zu Lasten der gesellschaftlichen Mitte.

Der von Frau von der Leyen vorgestellt Armuts- und Reichtumsbericht hat ergeben, dass die gesellschaftlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse weiter auseinanderdriften. Der von dem Bericht erfasste Zeitraum ist das Jahr 2008, er beschreibt daher vor allem auch die erfolglose Steuer- und Sozialpolitik von Rot-Grün, aber auch der großen Koalition. Wenn hohe Steuern zu mehr Gerechtigkeit führen würden, dann hätte die von dem Ex-Finanzminister Peer Steinbrück zu verantwortende größte Steuererhöhung in der Geschichte unseres Landes doch auch zu einer spürbaren Verbesserung der sozialen Situation führen müssen. 11 Jahre lang haben sozialdemokratische Finanz- und Sozialminister die Politik des Landes geprägt, man muss also davon ausgehen können, dass unsere heutige Gesellschaft vor allem von der Sozialdemokratie geprägt ist. Ich bin überzeugt, wenn der Armuts- und Reichtumsbericht für diese Legislaturperiode geschrieben wird, wird die Gesellschaft sich eher in einem besseren Zustand befinden, als nach den vielen Jahren erfolgloser SPD-Finanz- und Sozialpolitik.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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