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Frage von Helmut S. •

Frage an Volker Wissing von Helmut S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

eine Debatte lebt vor allem auch davon, dass man sich mit den Themen auseinandersetzt, die zwischen den Diskussionspartnern strittig sind. Sie konzentrieren sich dagegen mit Ihren Aussagen zur Arbeitslosigkeit und Globalisierung auf Allgemeinplätze, die von der LINKEN über die FDP bis hin zu Hinz und Kunz so ziemlich jeder teilt: Dass Arbeitslosigkeit die Armut verschärft und Globalisierung das Problem der Einkommens- und Vermögensverteilung.

Zu dem was strittig zwischen uns ist sagen Sie nichts.

Sie sind bisher eine Begründung schuldig geblieben, wieso Sie staatliche Interventionen ablehnen mit dem Ziel eine marktwirtschaftlich nicht begründbare Verzerrung der Einkommens- und Vermögensentwicklung zu korrigieren.

Es geht darum, dass v.a. auch durch die Abkoppelung der Finanz- von der Realwirtschaft in den letzten 30 Jahren (die letzte Krise war ja nur der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung) ABSCHÖPFUNG ohne WERTSCHÖPFUNG in einem gigantischen Ausmaß - also das Gegenteil von Marktwirtschaft - stattgefunden hat.

Die praktische Wirksamkeit der Too-Big-To-Fail-Regel impliziert die nachträgliche Aushebelung von Marktregeln. Es ist deswegen eine überaus liberal-marktwirtschaftliche Überlegung, dies durch staatliche Intervention auch im Hinblick auf die Verteilungswirkungen zu korrigieren - aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit und der Prävention.

Diesem Problemkomplex haben Sie sich mit Ihren Argumenten bisher nicht im Ansatz gestellt.

Wer im Übrigen Kapitalsteuern ausschließlich mit Verweis auf Steuerflucht ablehnt erkennt einen staatlichen Interventionsbedarf prinzipiell an. Naheliegend wäre dann allerdings die Frage nach den Alternativen - auch die Frage nach den internationalen Rahmenbedingungen um Kapitalflucht zu verhindern / einzuschränken. Wer diese Anschlussfragen nicht stellt, setzt sich dem Verdacht aus nur vordergründig taktisch zu argumentieren.

MFG
Helmut Suttor

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Sehr geehrter Herr Suttor,

vielen Dank für Ihre Frage vom 17. August 2012.

Mir ist kein Gesellschaftsmodell bekannt, in welchem der Staat die Einkommens- und Vermögensentwicklung kontrolliert und dieses für die Bevölkerung zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse führt bzw. geführt hat. Selbst in den noch verbliebenen kommunistischen Ländern, gehen die Einkommen und Vermögen entweder noch weiter auseinander, als dies in Deutschland der Fall ist, zum Beispiel in China oder aber die Bevölkerung ist insgesamt deutlich ärmer, wie zum Beispiel in Kuba. Der Kapitalismus hat mit Sicherheit Probleme und es steht auch für mich außer Frage, dass es in einer Marktwirtschaft zu Fehlentwicklungen kommen kann.

Dass die Einkommens- und Vermögensverteilung gerechter wird, wenn der Staat diese übernimmt, ist meines Erachtens durch kein geschichtliches Beispiel gedeckt. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse mögen in der ehemaligen DDR vielleicht einheitlicher gewesen sein, aber würden Sie das dortige Gesellschaftsmodell als gerechter und die Bürgerinnen und Bürger als wohlhabender bezeichnen?

Ihr Staatsvertrauen in allen Ehren, ich glaube aber nicht, dass unsere Verwaltung tatsächlich geeignet ist, die Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland zu organisieren und das in einer Art und Weise, die gerechter und demokratischer ist, als unser bisheriges System.

Ihre Kritik an dem Grundsatz Too-big-to-fail hat die FDP stets geteilt und wir haben deshalb auch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass damit Banken künftig eben nicht mehr durch den Steuerzahler gerettet werden müssen. ( http://is.gd/PXjCqf )

Meine Kritik an der Vermögenssteuer bezieht sich nicht nur auf eine mögliche Kapitalflucht. Eine Vermögenssteuer ist in aller Regel eine Substanzsteuer. Eine solche ist vor allem für die Wirtschaft gefährlich. Das heißt es werden nicht etwa Gewinne sondern vorhandene Werte besteuert. Eine Firma muss nicht die erzielten Erträge versteuern, vielmehr werden ihre Maschinen, ihr Grund und Boden, etc. finanziell belastet. Das führt dazu, dass ein Unternehmen, auch wenn es wirtschaftlich in Schwierigkeiten gerät, unter Umständen weiter hohe Steuern zahlen muss, weil zum Beispiel der vorhandene Maschinenpark entsprechend wertvoll ist. Die Vermögenssteuer wird parteiübergreifend kritisch gesehen, das können Sie auch daran erkennen, dass es in 11 Jahren sozialdemokratischer Finanzminister nicht einen einzigen ernsthaften Versuch zu einer Wiedereinführung dieser Steuer gab. Auch die Grünen haben zu Zeiten der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer nicht die Forderung nach einer Vermögenssteuer erhoben.

Selbst der Ex-SPD-Finanzminister, Peer Steinbrück, hat vor gar nicht langer Zeit in einem Interview seine Skepsis gegenüber der Einführung einer Vermögenssteuer zum Ausdruck gebracht: "Wenn damit nur das Privatvermögen gemeint wäre, hätte ich damit kein Problem. Die Frage ist aber: Wie halten wir es mit dem Firmenvermögen? Wenn wir es voll besteuern, schwächen wir den Mittelstand. Klammern wir es aus, schaffen wir viele Umgehungsmöglichkeiten nach dem Motto: Der Picasso hängt bei mir nicht mehr im Wohnzimmer, sondern im Besucherzimmer meines Betriebs."

Ich halte die Kritik von Herrn Steinbrück für sehr berechtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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