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Volker Wissing
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Frage von Rainer W. •

Frage an Volker Wissing von Rainer W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Wissing,

der Presse ist zu entnehmen, dass eine Menge unserer deutschen Mitbürger seit Jahren unversteuerte Spareinlagen auf Schweizer Bankkonten angelegt hat. Selbst wenn Aussicht besteht, dass diese Anzahl sinkt, bleibt der vergangene Steuerbetrug Fakt.

Als neulich in London marodierende Jugendliche ein paar Häuser anzündeten und einen volkswirtschaftlichen Schaden von geschätzten 200 Millionen Euro verursachten, stellten die englischen Behörden die Namen der verurteilten Jugendlichen an den Pranger des Internets. Sie veröffentlichten deren Bilder und Namen. Ich fand das gut.

In ähnlicher Weise, jedoch in einem viel größerem Ausmaß, schädigen unsere o.g. Mitbürger seit vielen Jahren die Volkswirtschaft um Milliardenbeträge. Diese Schädigung ist m.E. schlimmer als das, was die Jugendlichen getan haben, denn sie waren diejenigen, die nichts hatten, weil die Reichen ihnen die Ressourcen vorenthalten haben.

Obwohl ich nun keine Zeit finde, an allen öffentlichen Gerichtsverfahren teilzunehmen, an denen die Sache eines "Schweizer Steuerbetrugs" verhandelt wird, möchte ich zumindest wissen, welche Mitbürger sich des Steuerbetrugs schuldig gemacht haben.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Namen der dem Staat bekannten Steuerbetrüger im Internet öffentlich gemacht werden?

Mit freundllichen Grüßen

Rainer Winters

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Winters,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. September 2011.

Ich halte es für richtig, dass es in unserem System keine Aufgabe der Justiz ist, die Namen von Beschuldigten zu veröffentlichen. Generell finden Gerichtsverfahren öffentlich statt, so das Interessierte die Möglichkeit haben daran teilzunehmen. Dieses führt insbesondere, wenn es um größere Summen geht, über die Berichterstattung der Medien auch zu einem Bekanntwerden der Namen der Beschuldigten. Von einer Prangerjustiz halte ich allerdings wenig. Sie haben Recht, dass Steuerhinterziehung ein schweres Delikt ist, da die Schuldigen der Gemeinschaft Ressourcen vorenthalten. Gleiches gilt aber auch für Sozialbetrug, da hier der Gemeinschaft von Personen Ressourcen entnommen werden, die diesen nicht zustehen und damit den tatsächlich Anspruchsberechtigten nicht zur Verfügung stehen. Das damalige SPD-geführte Ministerium für Wirtschaft und Arbeit hatte eine Broschüre „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat“ herausgegeben, indem der Sozialmissbrauch gegeißelt wurde. Ich habe dieses eher als eine Stigmatisierung der Betroffenen, denn als ein Beitrag zu einer besseren politischen Kultur in unserem Land empfunden. Der Staat sollte es sich meines Erachtens nicht zur Aufgaben machen, eigene Bürgerinnen und Bürger an den Pranger zu stellen.

Generell sollten Gerichtsverfahren so offen und transparent wie irgend möglich durchgeführt werden, das heißt sie sollten auch die Öffentlichkeit mit einbeziehen. Das ist in unserem Rechtssystem auch so vorgesehen. Einen darüber hinausgehenden Handlungsbedarf kann ich nicht erkennen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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