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Frage von Andrea S. •

Frage an Volker Wissing von Andrea S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort vom 16.9.

Sie schreiben, dass die Folgen einer Finanztransaktionssteuer schwer absehbar und die Erwartungshaltung übertrieben ist. Das mag sein. Allerdings scheinen die Folgen von Nichts-Tun (wie das seit etwa drei Jahren betrieben wird) auch nicht positiv. Wieviel schlimmer kann es denn noch kommen? Vielleicht könnte die Politik wieder die Kontrolle erhalten und nicht nur hinter den Entwicklungen hinterherrennen?

Ich geben Ihnen recht, dass eine globale Finanztransaktionssteuer das Optimum wäre. Aber London hat bereits eine lokale Steuer auf Aktientransaktionen, ohne dass das zu signifikanten Abwanderungen von der Londoner Börse geführt hat. Insofern halte ich die Befürchtungen für übertrieben. Es lassen sich sicher Regelungen finden, die das Abwandern erschweren. Warum sollen also nicht einige vorangehen? Wenn immer auf den Langsamsten gewartet wird, werden wir uns nie vom Fleck bewegen.

Sie schreiben, Sie können "in der Finanztransaktionssteuer keinen Beitrag [zur] Lösung" von Problemen mit Spekulationen erkennen, denn "Spekulation [würden] nicht weniger, wenn sie eine Steuer einführen". Hier möchte ich widersprechen. Als Naturwissenschaftlerin leuchtet mir besonders die Analogie zu physikalischen Schwingungen ein. Hier können kleine äußere Anregungen zur Resonanz führen, so dass das System sich aufschaukelt und große Ausschläge unter Umständen einen Zusammenbruch der Strukturen verursachen. Führt man durch wenig Reibung einen Teil der Energie ab, kann man die Resonanzkatastrophe verhindern.
Natürlich lässt sich das nicht 1 zu 1 vergleichen. Trotzdem denke ich, dass "Reibung" auch dem Finanzsystem gut täte, um die Abkoppelung von der Realwirtschaft einzudämmen -- eben gerade _weil_ "die Geschwindigkeit des Transaktionsvorgangs [nur ein] bedingt geeigneter Indikator" ist. -- Kann Sie das vielleicht doch umstimmen?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andrea Schafferhans

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Sehr geehrte Frau Dr. Schafferhans,

vielen Dank für Ihre erneute Frage vom 19. September 2011.

Leider wird in der politischen Debatte oftmals ein sehr holzschnittartiges Bild von dem Geschehen an den Finanzmärkten bzw. dem Wesen der Spekulation gezeichnet. Dieses ist aber kaum geeignet, zu einer sachgerechten Lösung zu führen.

Deutschland schuldet jedes Jahr ca. 300 Mrd. alte Schulden durch neue Kredite um, hinzu kommt noch die jeweils aktuelle Neuverschuldung in Höhe von 40 Mrd. Euro. Dieses Geld wird zum überwiegenden Teil von internationalen Investoren bzw. den Finanzmärkten oder wenn Sie so wollen, Spekulanten zur Verfügung gestellt. Natürlich können Sie zum Beispiel über eine Finanztransaktionssteuer den Kapitalzufluss erschweren. Die Folge wäre, dass die Investoren die Steuer einpreisen und entsprechend höhere Zinsen einfordern. Die Finanztransaktionssteuer wirkt nicht selektiv, sondern ungerichtet. Sie ist kein wirksames Instrument gegen hochspekulative Anlagen, da hier die Renditen weit über der Besteuerung liegen und es für entsprechend orientierte Anleger ein leichtes ist auf einen anderen Finanzplatz auszuweichen. Sie ist aber hoch genug, um den Kapitalzugang von Unternehmen deutlich zu erschweren.

Die Finanztransaktionssteuer ist weit davon entfernt, selbst in Europa Konsens zu sein. So lehnt unter anderem Italien die Einführung ab, ebenso wie Großbritannien und Schweden. Die USA haben erst kürzlich bekräftigt, dass sie keinesfalls eine solche Steuer einführen werden. Damit steht schon jetzt fest, eine Finanztransaktionssteuer würde von hochspekulativen Anlagen problemlos umgangen werden. Sie würde mehr Probleme verursachen als lösen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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