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Volker Wissing
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Frage von Theresia L. •

Frage an Volker Wissing von Theresia L. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr.Wissing,

Sie weisen die Kritik von Gerhard Schröder betr. des Krisenmanagements bei der Schuldenkrise richtigerweise zurück. In dieser Regierungszeit wurde u.a. Griechenland in die Währungsunion aufgenommen.
FDP und CDU hatten dagegengestimmt. Die Gründe waren damals also bekannt und nicht nur im deutschen Parlament. Trotzdem wurde das Land aufgenommen. Es würde mich interessieren, wer letztendlich für die Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion auf EU-Ebene verantwortlich ist. Warum werden Personen/Behörden bei solch gewaltigen folgenschweren Fehlentscheidungen nicht zur Rechenschaft gezogen?
Jeder Bürger wird beim kleinsten Vergehen sanktioniert. Hier wird Stillschweigen gewahrt oder auf
falsche Zahlenmeldungen an Eurostat verwiesen. So naiv kann eine europäische Behörde doch gar nicht sein, sich über viele Jahre hinweg derart "vereppeln" zu lassen. Jeder Urlauber konnte sehen, wie es mit der Wirtschaft in diesem Land bestellt war, nur die EU-Behörden nicht.
Vielen Dank für die Antwort.
Mit freundliche Grüssen
T.Latoschinsky

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Latoschinsky,

vielen Dank für Ihre Frage vom 3. August 2011.

Auf dem Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Feira, Portugal am 19./ 20. Juni 2000 hat der damalige SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder für die Bundesrepublik Deutschland dem Beitritt Griechenlands zur Eurozone zugestimmt.

In der Debatte vor dem Deutschen Bundestag erklärte der SPD-Finanzminister Hans Eichel:

"Die Bundesregierung hat im Ecofin-Rat dem Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone zum 1. Januar 2001 zugestimmt. Aus der Euro-11-Gruppe wird dann die Euro-12-Gruppe. Der griechische Finanzminister wird bereits am nächsten Treffen der Gruppe teilnehmen. Griechenland hat auf einem langen und schwierigen Weg einen erfolgreichen Konvergenzprozess hinter sich. Dazu kann man Griechenland nur gratulieren. Ich freue mich, dass Griechenland mit seiner langen Geschichte und seinem großen Beitrag, den es zur europäischen Kultur geleistet hat, Mitglied der Euro-Zone wird." (Drs. 14/111, Seite 10456).

In der gleichen Debatte sagte der Abgeordnete der Unionsfraktion, Dr. Gerd Müller:

"Herr Eichel, die Aufnahme Griechenlands in den Eurokreis zum jetzigen Zeitpunkt war ein schwerer Fehler. Die Staatsverschuldung betrug 104 Prozent. Bei der Inflationsbekämpfung wurde manipuliert. Sie haben die Kriterien einfach einmal mit links hinweg geschoben und das Vertrauen in den Euro beschädigt."

Ich gehe davon aus, dass der Kenntnisstand der damaligen rot-grünen Bundesregierung nicht hinter dem der Unionsfraktion lag. Daraus lässt sich nur der Schluss ableiten, dass die rot-grüne Bundesregierung die Gemeinschaftswährung bewusst dem Risiko der Aufnahme eines potentiell ungeeigneten Landes ausgesetzt hat. Das belegen Medienberichten zufolge auch andere Dokumente (http://is.gd/XVAiB4).

Für mich wäre es daher auch eine Frage des politischen Anstands, dass sich die SPD zu dem Schaden, den sie der Gemeinschaftswährung zugefügt hat, bekennt und dafür die Verantwortung übernimmt. Aber weder von dem Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder oder seinem Finanzminister Hans Eichel, noch von dem Grünen Joschka Fischer ist bekannt, dass sie sich ihrer Verantwortung gestellt haben.

Es besteht aber ein erheblich Unterschied zwischen einer moralischen und einer strafrechtlichen Schuld. Während erstere ohne Zweifel vorhanden ist, so dürfte der Beweis, dass der Ex-Bundeskanzler und sein rot-grünes Kabinett gegen geltendes Recht verstoßen haben nur sehr schwer zu führen sein.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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