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Volker Wissing
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Frage von Karl-Jürgen H. •

Frage an Volker Wissing von Karl-Jürgen H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

in Europa und den USA fordern viele Politiker aller Richtungen direkt oder indirekt immer noch, die Politik des schuldengetriebenen Wachstums fortzusetzen bis es kracht. Wenn man sich die Staatsverschuldungsquote für Deutschland ansieht, wird klar, dass auch Deutschland nicht mehr weit vom Staatsbankrott entfernt ist – spätestens bei der nächsten Wirtschaftskrise. Selbst im momentanen Aufschwung werden die Zinsen der öffentlichen Anleihen ausschließlich über neue Kredite bedient. Die Tilgung erfolgt über ein Wachstum, das zur Hälfte aus Inflation besteht. So hat sich auch Deutschland vom Wankelmut der Finanzmärkte abhängig gemacht. Bereits vor einiger Zeit hat die chinesische Rating-Agentur Dagong Deutschland die Bestnote AAA aberkannt. Für deutsche Staatsanleihen gibt es inzwischen einen erheblichen Zinsaufschlag gegenüber sicheren Unternehmensanleihen (z.B. von SAP).

In dieser hoch belasteten Situation sieht sich der Deutsche Bundestag genötigt, immer abenteuerlichere Euro-Rettungspakete abzusegnen. Nun auch bald für Italien.

Werden Sie dem zustimmen? Werden Sie dann diesmal auch so ehrlich und konsequent sein, die mit den Rettungspaketen verbundenen Risiken im Bundeshaushalt darzustellen und auf der Einnahmeseite über einen Euro-Soli oder über eine Euro-Bond-Zwangsanleihe abzusichern?

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Jürgen Hanßmann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hanßmann,

vielen Dank für Ihre Frage vom 15. Juli 2011.

Ihre Kritik an der hohen Staatsverschuldung ist sehr berechtigt. Länder mit hoher Staatsverschuldung begeben sich in die Abhängigkeit der Finanzmärkte und liefern sich damit der Spekulation aus. Die Staatsverschuldung war in der Vergangenheit der bequeme Weg den Bürgerinnen und Bürgern vorzugaukeln, dass steigende Sozialleistungen ohne Steuererhöhungen möglich seien. Diese Politik ist spätestens mit der Eurokrise gescheitert. Es geht nun darum, den Schuldenberg kontinuierlich und politisch gesteuert abzubauen. Aus diesem Grund haben wir die Schuldenbremse eingeführt, die einen Abbau der Neuverschuldung vorsieht, während die eigentliche Schuldentilgung gestreckt über einen langen Zeitraum über die Inflation sowie das Wirtschaftswachstum erfolgt. Ein abrupter Abbau der Staatsverschuldung ist nur sehr schwer möglich, da sie dabei sehr tief in die Ausgabenstruktur des Staates eingreifen müssen. Ein Großteil der staatlichen Ausgaben fließt in den Sozialhaushalt. Ein radikaler Einschnitt an dieser Stelle würde viele Menschen vor sehr gravierende Probleme stellen.

Wenn der Schuldenabbau schon in einer wachsenden Wirtschaft ein Kraftakt ist, so ist er in einer schrumpfenden kaum zu bewerkstelligen. Eine schrumpfende Wirtschaft führt zu sinkenden Steuereinnahmen, zu geringeren Investitionen und weniger Arbeitsplätzen. Das heißt der Staat müsste einerseits mehr Geld für den Sozialbereich zur Verfügung stellen, gleichzeitig nimmt er aber weniger ein. Aus diesem Grund ist es aus politischer Sicht stets wichtig, für ein ausreichendes Wachstum zu sorgen.

Die Koalition hat mit dem Sparpaket sichergestellt, dass die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten werden und Deutschland den Ausstieg aus dem Schuldenstaat schaffen können. Trotzdem wird auch unser Land noch lange von den Finanzmärkten abhängig sein. Auch Deutschland schuldet jedes Jahr rund 300 Mrd. Euro Altschulden um, hinzu kommt eine Neuverschuldung in Höhe von ca. 50 Mrd. Euro. Wenn Sie diese Summe in Relation zu dem Volumen des Bundeshaushaltes von 370 Mrd. Euro setzen, dann vermittelt dies ein deutliches Bild davon, wie gefährdet auch Deutschland ist. Sollte es zu schweren Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen, wäre auch die Refinanzierung unseres Landes gefährdet. Aus diesem Grund liegt es auch in unserem nationalen Interesse zu verhindern, dass es dazu kommt.

Im Moment ist es so, dass Deutschland, da wir das Geld über die Finanzmärkte zu günstigeren Kondition bekommen, als es an die Nehmerländer weitergegeben wurde, mit den Rettungsmaßnahmen noch Geld verdient. Da es aber nicht gesagt ist, dass es dabei bleibt und das Risiko groß ist, sollen die Rettungsmaßnahmen keine Dauereinrichtung sein, sondern den betroffenen Ländern die Möglichkeit geben, ihre Haushalte politisch gesteuert zu konsolidieren und dann auch wieder an die Kapitalmärkte zurückzukehren.

Die Rettung ist auch für Deutschland mit Risiken verbunden, ein Nichttätigwerden wäre allerdings ebenfalls mit Risiken verbunden, welche die Dimension der Rettungsmaßnahmen deutlich übersteigen. Die Rettungsmaßnahmen sind teuer, aber auch ein Rückgang des deutschen Wirtschaftswachstums oder gar eine Rezession, ein Einbruch der Exporte und steigende Arbeitslosigkeit könnten unser Land sehr teuer zu stehen kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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