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Volker Wissing
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Frage von jürgen w. •

Frage an Volker Wissing von jürgen w. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Wissing,

ich hoffe, dass ich Sie auf diesem Wege erreiche, um Ihnen zu sagen, dass ich ich Ihren Aufsatz über die Entsolidarisierung der Gesellschaft in der FAZ mit großem Interesse und uneingeschränkter Zustimmung gelesen habe.

Leider kann ich nicht erkennen, dass unsere Partei in Ihrem Sinne konsequent handelt. Ich möchte Sie ermuntern, Ihr Konzept "alternativlos" durchzusetzen. Was bisher geschieht, wird weder unserem Land noch unserser Partei von Nutzen sein.

Es geht heute darum, der liberalen Vernunft gegenüber dem grünen Wunschdenken Geltung zu verschaffen. Ob dies gelingen kann, lässt sich nicht vorhersagen. Dies ist jedoch sicher: Wenn die Verantwortlichen unserer Partei weiterhin in die falsche Richtung gehen oder auch nur halbherzig handeln, um in der Regeriung zu bleiben, wird unsere Partei in der nächsten Zeit von der politischen Bühne verschwinden - und dies nicht, weil die Idee des Liberalismus nicht mehr zeitgemäß wäre, sondern weil die Führungsmannschaft es nicht verstanden hat, dieses Konzept überzeugend zu vertreten.

Mit freundlichen Grüßen aus dem Ahrtal
Jürgen Witt

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Witt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 12. Juni 2011.

Eine lebendige Demokratie ist ein ständiger Wettbewerb der Konzepte bzw. Ideen. Dazu gehört auch, dass sich die Parteien kritisch mit den Vorstellungen und Werten der anderen politischen Kräfte auseinandersetzen. Auch das was gemeinhin gerne als politischer Streit oder "Zoff" kritisiert wird, ist notwendiger Teil der demokratischen Kultur, auch wenn dieses in der Öffentlichkeit oftmals als destruktiv empfunden wird. Eine Demokratie, in welcher sich die Parteien im Hinterzimmern versammeln, einen Konsens ausloten und diesen anschließend gemeinsam vertreten, wäre keine. Denn zur Demokratie gehört stets auch Transparenz.

Die Grünen vertreten einen anderen Freiheitsbegriff, als die FDP. Für die Grünen sind Eingriffe in die persönliche Freiheit des Einzelnen, unproblematisch, wenn dieses aus "guten Gründen" gerechtfertigt erscheint. Wobei die guten Gründe von einer gesunden Ernährung bis hin zum Klimawandel reichen. Grüne Politik wird stets zur Obrigkeitspolitik, wenn dieses aus weltanschaulichen Gründen angebracht scheint. Das Freiheitskonzept der FDP setzt dagegen nicht auf den bevormundeten, sondern auf den mündigen Bürger. Der liberale Staat soll seine Bürgerinnen und Bürger nicht zu bestimmten Handlungsweisen zwingen, er soll sie überzeugen. Die Grünen sind hingegen jederzeit bereit auf eine Verbots- oder Anordnungspolitik zurückzugreifen, wenn die Bürger trotz staatlicher Information sich nicht ihren Vorstellungen entsprechend verhalten. Wenn der grüne Ministerpräsident in Baden-Württemberg z.B. ankündigt, dass die Autoindustrie künftig weniger und umweltfreundlichere Fahrzeuge herstellen solle, klingt das zunächst gut. Aber welche Verantwortung ist damit für ihn verbunden, wenn die Menschen, diese Autos nicht nachfragen. Die Grünen würden bereitwillig, staatsinterventionistisch der Industrie ein Produkt vorschreiben, unabhängig davon, ob es überhaupt einen entsprechenden Bedarf gibt.

Ich halte es daher für wichtig, dass wir über den grünen Staats- und Freiheitsbegriff offensiv diskutieren. Der deutsche Staat hat sehr lange gebraucht, bis er den Bürgerinnen und Bürgern umfassende Freiheiten gewährt hat. Diese Freiheit nun, wenn auch aus vermeintlich guten Gründen, wieder abzubauen, und den mündigen Bürger, die mündige Bürgerin zurück in die Bevormundung zu führen, halte ich für hochproblematisch.

Die FDP sollte sich daher selbstbewusst der Diskussion und dem politischen Wettbewerb mit den Grünen stellen und ich bin überzeugt, dass sie dieses auch tut.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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