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Volker Wissing
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Frage von Johann E. •

Frage an Volker Wissing von Johann E. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Volker Wissing,

da Sie Mitglied im Ausschuss für Finanzen sind, unterstelle ich Ihnen eine gewisse Fachkompetenz für Finanzfragen.
Dankenswerterweise haben Sie auf dieser Plattform die gestellten Fragen zum großen Teil beantwortet. Das kann man nicht hoch genug einschätzen, da Sie sich den Fragen der Bürger damit sehr direkt und öffentlich stellen.
Ich habe eine Frage zum Euro-Rettungsschirm, der Griechenland-Hilfe und den Staatsausgaben.
Aus Ihrem bisherigen Abstimmungsverhalten kann man schließen, dass Sie keine Bedenken haben, das Geld der Steuerzahler mit vollen Händen auszugeben.
Ich denke da an diverse Bundeswehreinsätze im Ausland, für eine Armee, die eigentlich für die Landesverteidigung vorgesehen ist. Ich denke aber auch an das NEIN für den "Verzicht auf Mehrwertsteuersenkung für das Hotelgewerbe". Auch die Verlängerung von AKW Laufzeiten ist für Sie anscheinend eine tolle Sache, obwohl die Folgekosten der Atomindustrie noch unsere Kindeskinder berappen müssen.
Nun ist es inzwischen kein Geheimnis mehr, dass Griechenland (und wahrscheinlich auch die anderen EU-Schuldnerstaaten) ihre Schulden nie und nimmer zurückzahlen können.
Das war vor einem Jahr vielen Menschen schon sonnenklar.
Meine Frage: Wie kommen Sie zu einer Entscheidung bei einer Abstimmung im Bundestag und können Sie Ihren Kindern und Enkeln noch gerade in das Gesicht sehen?
In der Hoffnung auf eine Antwort

Johann Erler

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Erler,

vielen Dank für Ihre Frage vom 18. Mai 2011.

Wie Sie den von mir auf abgeordnetenwatch.de gegebenen Antworten entnehmen können, habe ich aus meiner Zustimmung zu den Maßnahmen zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung nie einen Hehl gemacht. Die Dimension der Summe verlangt eine sehr sorgfältige Prüfung, ich habe den Maßnahmen nur zugestimmt, weil ich davon überzeugt bin, dass wir alles tun müssen, um Schlimmeres für unser Land zu verhindern. Leider wird die Diskussion über die Euro-Rettung in Deutschland oftmals sehr verkürzt geführt, nach dem Motto, wir retten mit unserem Geld die Griechen, Portugiesen und Iren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir uns damit auch retten. Natürlich sind die Beiträge Deutschlands zu dem europäischen Rettungsschirm hoch, aber wenn wir uns nicht beteiligen würden, müssten wir auch bezahlen. Sie scheinen davon auszugehen, dass unser Land von der Währungskrise nicht betroffen ist und ein Scheitern einzelner Länder der Eurozone kein Risiko darstellen würde. Ich halte diese Auffassung für sehr riskant. Eine Umschuldung einzelner Euroländer würde zu einem erheblichen Abschreibungsbedarf bei den europäischen Banken führen, dass würde deren Fähigkeit Kredite zu vergeben oder auch weiter Anleihen zu kaufen weiter einschränken. Das heißt wir hätten eine Kreditklemme mit der Folge, dass die Investitionsfähigkeit der Wirtschaft eingeschränkt wäre, was sich sehr schnell am Arbeitsmarkt bemerkbar machen würde. Gleichzeitig würde auch für Deutschland die Finanzierung des Haushaltes deutlich schwieriger werden. Auch wir haben eine jährliche Neuverschuldung von rund 40 Mrd. Euro, die wir an den Finanzmärkten aufnehmen müssen. Sollte uns dieses nicht möglich sein, dann hätte das gravierende Auswirkungen auf unsere Sozialsysteme, auf die Renten und auf die Gesundheitsversicherung.

Bevor wir die Kosten der Euro-Stabilisierung kritisieren, sollten wir daher zunächst analysieren, inwieweit wir davon profitieren. Es könnte nämlich gut sein, dass die Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro zwar teuer sind, ein Nichttätigwerden uns aber noch teurer zu stehen kommt.

Aus steuersystematischer Sicht habe ich die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für das Hotelgewerbe stets abgelehnt. Dieser war aber Teil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, dieses hat erheblich dazu beigetragen, dass sich Deutschland nach der Finanzkrise sehr schnell erholt hat und die Arbeitslosenzahlen schnell und deutlich gesenkt werden konnten. Das höhere Wirtschaftswachstum und die geringere Arbeitslosenzahl haben den Haushalt in weit stärkerem Maße entlastet, als der ermäßigte Umsatzsteuersatz für das Hotelgewerbe ihn belastet hat. Auch wenn ich aus finanzpolitischer Sicht große Vorbehalte gegen den Einsatz ermäßigter Umsatzsteuersätze als Mittel der Wirtschaftspolitik habe, so muss man aber auch akzeptieren, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz als Ganzes betrachtet ein Erfolg war.

Die christlich-liberale Koalition hatte die Laufzeitverlängerung beschlossen, um einer weiteren Verteuerung von Energie entgegenzuwirken und einen geordneten Umstieg auf erneuerbare Energien sicherzustellen. Seit 2006 sind die Stromkosten um ca. 40% gestiegen ( http://is.gd/CVjgD3 ), davon besonders betroffen sind Großfamilien. Steigende Energiepreise sind unsozial und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Ich halte es daher für fahrlässig, so zu tun, als sei der Atomausstieg nur eine Frage des guten Willens. Ich haben Ihnen zu diesem Thema einen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Gastbeitrag von mir beigefügt.

Da ich mich bei allen politischen Entscheidungen stets bemüht habe, eine sorgfältige Abwägung zu treffen, kann ich meinem Kind nicht nur in die Augen schauen, sondern ihm auch meine Beweggründe erklären, und wenn es nicht meiner Meinung seien sollte, so wird es mich zumindest verstehen können.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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