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Volker Wissing
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Frage von Antje S. •

Frage an Volker Wissing von Antje S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

die Kritik an der Beteiligung der Bundesregierung am Euro-Rettungsschirm wird immer massiver. Und diese Kritik kommt von ausgewiesenen Experten. Dazu zitiere ich folgenden Artikel, Quelle: http://www.preussische-allgemeine.de/nachrichten/artikel/mit-in-die-tiefe-gerissen.html .

"Hans-Werner Sinn, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität in München und Präsident des angesehenen ifo-Institutes (Institut für Wirtschaftsforschung), schreibt in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“: Die Bundeskanzlerin habe nun der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass mit dem Abkommen über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) die Gemeinschaftswährung Euro dauerhaft stabilisiert sei. Davon könne überhaupt keine Rede sein. Das Rettungssystem sei vielmehr eine tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteige. Das ESM-Abkommen rette den Euro nicht, aber es laste Deutschland ungeheure Risiken auf.

Prof. Ulrich Blum, Leiter des Wirtschaftsinstitutes in Halle und Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaft an der Universität Halle, kritisierte in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ die „Rettungsschirmpolitik“ für den Euro hart. Allen Zentralbanken sei es schon immer streng verboten gewesen, Schuldpapiere anderer Länder aufzukaufen. Die EZB habe dies leider im großen Umfang getan. Jeder Fachkundige wisse, dass Griechenland auch zukünftig seine Schulden nicht zurückzahlen könne. Griechenland habe Minuswachstum, um Schulden zu tilgen, sei Wirtschaftswachstum erforderlich. Blum empfahl, dringend für die Euro-Zone Richtlinien für eine geordnete Staatsinsolvenz zu erarbeiten."

Wieso hört die FDP nicht auf die massive Expertenkritik am Euro-Rettungsschirm und verweigert im Bundestag ihre Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm?

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrte Frau Schulz,

vielen Dank für Ihre Frage vom 23. April 2011.

Die Kritik von Herrn Sinn und anderer Ökonomen an den Maßnahmen zur Euro-Rettung nehme ich mit Interesse zur Kenntnis. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass es auch Ökonomen gibt, welche die Euro-Stabilisierung für richtig und notwendig halten. Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschied zwischen der wirtschaftswissenschaftlichen und der politischen Analyse. Herr Sinn untersucht ökonomische Daten und leitet daraus entsprechende wirtschafts- bzw. finanzpolitische Empfehlungen ab, er muss sich aber im Gegensatz zur Politik nicht der gesellschaftspolitischen Dimension der Entscheidungen stellen. Um es zugespitzt zu formulieren, für einen Wirtschaftsprofessor sind eine Million zusätzliche Arbeitslose eine Zahl, für die Politik eine Katastrophe.

Ich halte es für wichtig, dass wir nicht nur schauen, wie hoch unser Beitrag zur Euro-Rettung ist, sondern auch den Nutzen berücksichtigen. Die Frage ist, ob es für uns als Land und Volkswirtschaft tatsächlich günstiger ist und ob es wirklich in unserem eigenen Interesse ist, wenn wir den Europäischen Stabilitätsmechanismus nicht unterstützen. Ich habe daran erhebliche Zweifel. Eine hohe Exportrate ist zwar Ausdruck einer starken und wettbewerbsfähigen Wirtschaft, aber eben auch Ausdruck einer hohen Abhängigkeit vom Ausland. Eine Exportnation braucht freie Marktzugänge und solvente Kunden. Sollten die Märkte wegbrechen bzw. die Kunden nicht zahlungsfähig sein, dann leiden zwar zunächst die Unternehmen, dann aber sehr schnell die Beschäftigten und dann über höhere Sozialausgaben und sinkende Steuereinnahmen der Staat. Das heiߟt auch im Falle des Nichttätigwerdens müssten Sie mit ganz erheblich Kosten rechnen, und ich halte es für eine sehr, sehr gewagte Wette, davon auszugehen, dass diese niedriger ausfallen würden als die der Euro-Rettung.

Wenn sich ein Wissenschaftler irrt, dann mag das zwar peinlich sein, aber er kann sich korrigieren. Wenn Politiker sich irren, dann kann das sehr schnell gravierende Folgen für das ganze Land haben. Ich halte es daher für verständlich und richtig, wenn die Politik vorsichtiger agiert, als es die Wissenschaft manchmal vorschlägt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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