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Frage von Alfons H. •

Frage an Volker Wissing von Alfons H. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing

www.atomhaftpflicht.de titelt „Wer trägt das Risiko eines Atomunfalls? Sie!“

Naturschutzverbände, Politiker, ProfessorInnen, UnternehmerInnen fordern dort eine volle Haftpflichtversicherung für Atomkraftwerke.

AKW hätten lediglich eine Schadensdeckung bis zu 2,5 Milliarden Euro. Dies decke weniger als 0,1% der möglichen Schäden ab, die darüber hinausgehenden Kosten müsse der Steuerzahler übernehmen. Die Gewinne der abgeschriebenen AKWs hingegen würden Eon, RWE, Vattenfall und EnBW einstreichen.

Für jedes Auto und jeden Betrieb müssten mögliche Sach- und Personenschäden durch eine Haftpflichtversicherung voll abgedeckt werden, warum gilt das nicht für Atomkraftwerke?

Sind Sie bereit diese Forderung angesichts der 180 Grad Kehrtwende der Bundesregierung bei AKW-Laufzeitverlängerung zum teilweisen Abschalten der AKWs zu unterstützen?
Andernfalls müsste man wohl diesen Aktionismus als Wahlkampfmanöver einordnen.

Werden Sie dafür eintreten, dass die Sicherheitsanforderungen der AKW-Prüfliste http://www.rbb-online.de/kontraste/sendestrecke_beitraege/interner_sicherheits.file.pdf nicht durch die einflussreichen Atomkonzerne abgeschwächt werden?

Das Argument „bezahlbare Stromkosten“ ist widerlegt. Jüngst habe ich zum Energieversorger EWS gewechselt, da ich dort für ÖKOSTROM mit 1 Sonnencent Aufschlag weniger bezahle als bei meinem bisherigen Versorger, der mir ATOMSTROM verkaufte. Vergleichen Sie gerne bei www.verivox.de oder ATOMLÜGEN bei http://umweltinstitut.org/atom-luegen

Zur „Brückenfunktion“ hat bereits Ihr Parteikollege Herr Mertin Stellung bezogen unter:
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-840-42214--f287118.html#q287118 und
http://www.abgeordnetenwatch.de/herbert_mertin-840-42214--f289187.html#q289187

Diesbezüglich können Sie auch die ergänzende Anfrage an Herrn UM Dr. Röttgen unter
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_norbert_roettgen-575-37901--f288437.html#q288437
vergleichen.

MfG
Alfons Houben, Landau

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Houben,

vielen Dank für Ihre Frage vom 19. März 2011.

Ihre Forderung nach einer Erhöhung der Schadenssumme für Haftpflichtversicherungen von Atomkraftwerken, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich erlaube mir aber Sie darauf hinzuweisen, dass weder die SPD geschweige denn die Grünen eine entsprechende erhöhte Haftpflicht im Rahmen des damaligen Atomausstieges eingeführt haben. Auch wenn ich für Ihre Forderung großes Verständnis habe, so geht diese meine Erachtens an dem eigentlichen Problem vorbei. Eine Haftpflichtversicherung greift nach Eintritt eines Schadensfalles, wichtiger ist es aber den Eintritt desselben zu verhindern. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke von vorneherein an zusätzliche Sicherheitsauflagen gebunden.

Die Bundesregierung hat auf die Vorfälle in Fukushima sehr verantwortungsbewusst reagiert, indem sie ein dreimonatiges Moratorium für sieben Atomkraftwerke verhängt hat. In dieser Zeit wird die Sicherheit dieser Anlagen umfassend geprüft werden. Ich kann darin weder eine 180° Kehrtwende und schon gar keinen "Aktionismus" erkennen. Es ist die Pflicht einer jeden Regierung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Die Bundeskanzlerin hat sehr deutlich gemacht, dass die Katastrophe von Fukushima eine andere Bewertung der Sicherheit von Atomkraftwerken notwendig macht, da dort nicht menschliches Versagen, sondern eine Naturkatastrophe die Ursache war. Ich halte es daher für richtig, das Moratorium dazu zu nutzen, die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke unter Berücksichtigung möglicher Katastrophen neu zu bewerten. Das ist für mich kein Wahlkampfmanöver sondern die Pflicht einer verantwortungsbewusst handelnden Bundesregierung.

Es freut mich, dass Sie persönlich Ihren Ausstieg aus der Atomenergie vollzogen haben und sich für Sie daraus kein finanzieller Nachteil ergeben hat. Daraus allerdings die These abzuleiten, dass ein sofortiger Ausstieg nicht zu Strompreiserhöhungen führen würde, halte ich für sehr gewagt. Davon abgesehen, ist auch die Akzeptanz erneuerbarer Energien begrenzt. Als Landauer Bürger haben Sie sicher die Diskussion über die Nutzung der Geothermie verfolgt. Die erneuerbaren Energien haben in Rheinland-Pfalz gerade einmal einen Anteil von ca. 16% und an vielen Orten wird bereits heftig über Biogasanlagen, Geothermie und Windräder gestritten. Ein schneller Ausbau heißt auch mehr Konflikte vor Ort. Deshalb reicht es nicht einen Ausstieg zu fordern, viel wichtiger ist es den Umstieg zu organisieren und sozial verträglich zu gestalten. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es Industriebtriebe, wie z.B. die BASF, mit einem sehr hohen Energiebedarf. Wer diese Unternehmen und die entsprechenden Arbeitsplätze nicht gefährden will, muss in der Energiepolitik die Weichen so stellen, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet und die Preissteigerungen minimiert werden können. Verantwortungsbewusste Energiepolitik ist mehr als ein Atomausstieg.
Daran hat sich die FDP von Anfang an orientiert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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