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Frage von Wolfgang F. •

Frage an Volker Wissing von Wolfgang F. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

in einer Meldung von tagesschau.de ( http://www.tagesschau.de/inland/steuerbetrug112.html ) wird berichtet, Sie hätten die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung mit dem Argument abgelehnt, dies "widerspräche der Verfassung".

Falls Sie dort richtig zitiert worden sind - wären Sie bitte so freundlich, diese Aussage zu präzisieren, d.h. welchem Absatz der Verfassung bzw. welcher Passage widerspricht eine Abschaffung der Selbstanzeige?

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Franzen

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Franzen,

vielen Dank für Ihre Frage vom 8. Dezember 2010.

In der beigefügten Stellungnahme des Deutschen Steuerberaterverbandes finden Sie eine umfassende Darstellung der verfassungsrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit einer Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige.

Der Kern des Problems besteht darin, dass Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden der Wahrheitspflicht unterliegen, gleichzeitig die Verfassung bewusst die Bürgerinnen und Bürger davor schützt, sich selbst belasten zu müssen. Sollte ein Steuerpflichtiger in der Vergangenheit, z.B. Kapitaleinkünfte verschwiegen haben, so wäre ihm der Weg zurück in die Steuerehrlichkeit verbaut. Würde er in Zukunft die Kapitaleinkünfte wahrheitsgemäß angeben, würde er seinen Steuerbetrug gewissermaßen selbst offenlegen und sich selbst belasten.

Die strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht ist eine wichtige Brücke zurück zur Rechtstreue. Wichtig ist aber, dass sie nicht zu einer materiellen Besserstellung gegenüber ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern führt. Genau dieses setzt die Koalition nun um. Abgesehen von den rechtlichen Problemen, hat sich die strafbefreiende Selbstanzeige auch unter fiskalischen Aspekten bewährt. Sie ist ein Anreiz dafür, dass die Steuerpflichtigen umfassend ihre gesamte Steuerhinterziehung offenlegen müssen. Sollten sie dies nicht tun, entfiele auch die Straffreiheit. Auf diese Weise müssen nicht die Finanzbehörden umständlich den Steuerpflichtigen die Hinterziehung nachweisen, sondern diese müssen sich selbst umfassend offenbaren. Ohne die strafbefreiende Selbstanzeige würde die Steuerhinterziehung automatisch Gegenstand eines Strafverfahrens, indem der Beschuldigte ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht hat und die Behörden gezwungen sind, jede einzelne Steuerhinterziehung nachzuweisen und zu belegen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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