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Frage von Thomas S. •

Frage an Volker Wissing von Thomas S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Wissing,

verschiedenste deutsche Banken sind ja mit Geld aus dem Steuertopf "gerettet" worden. Nun hat die christlich-liberale Koalition vor einigen Monaten eine Bankenabgabe eingeführt, mit der die Banken ein Viertel des Rettungsgeldes zurückzahlen sollen.
Ein Viertel? Reicht das? Sollten die Banken nicht das Geld, was sie zur Rettung bekommen haben, auch wieder vollständig, dass heißt zu vier Viertel zurückzahlen?
Sonst läuft es doch darauf hinaus, dass Verluste der Banken durch den Steuerzahler übernommen werden, also sozialisiert werden, die Gewinne daraus aber wieder privatisiert werden. Denn einige Unternehmen haben doch durch Bankenrettungen gehörige Gewinne eingefahren. Beispiel: Die Deutsche Bank war Gläubiger bei der HRE. Sie hatte der HRE 5 Milliarden für Spekulationen zur Verfügung gestellt. Ohne die Rettung der HRE durch den Steuerzahler hätte die Deutsche Bank diese 5 Milliarden verloren. Da sie sonst sehr gut (und ohne Steuergeld) durch die Krise gekommen ist, hätte die Deutsche Bank das gut und ohne spürbare Folgen für Verbraucher verkraften können und auch müssen, da es ja das Pech der Bank ist, wenn sie falsch investiert. Durch die Rettung der HRE hat die Deutsche Bank diese 5 Milliarden aber wieder bekommen, was sofort eine große Bonuszahlung an Herrn Ackermann zur Folge hatte. Das läuft doch, wie oben beschrieben, auf eine Sozialisierung der Verluste und eine Privatisierung der Gewinne hinaus.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich halte die Bankenrettung für absolut richtig. Ich bin nur der Meinung, dass das Geld auch wieder vollständig zurückgezahlt werden sollte.

Also nochmals meine Frage: Sollte das Geld, mit dem die Banken gerettet worden sind, nicht wieder vollständig (zu vier Viertel, nicht zu einem Viertel) zurückgezahlt werden?

Danke!

Thomas Schmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 24. August 2010.

Ihre Kritik an der Höhe der Bankenabgabe kann ich nachvollziehen. Sie gehen offenbar davon aus, dass die Bankenabgabe unmittelbar in Zusammenhang mit den zurückliegenden Stabilisierungsmaßnahmen für Banken steht. Dieser Eindruck ist auch von einigen Politikern erweckt worden, indem sie davon gesprochen haben, dass Banken für die Kosten der Krise zahlen sollten. Tatsächlich dient die Bankenabgabe nicht der Finanzierung der Kosten der zurückliegenden Krise. Diese Kosten sind auch gar nicht bezifferbar, denn die vom Staat ausgesprochenen Garantien wurden kaum in Anspruch genommen, wenngleich das Risiko weiter besteht. Die Höhe der Abgabe steht nicht im Zusammenhang mit den Kosten der Finanzmarktkrise.

Weil die Bankenabgabe als Sonderabgabe ausgestaltet ist, orientiert sich die Höhe ausschließlich am zweckgerichteten Bedarf. Hier geht es darum, eine Restrukturierungsinstitution zu finanzieren, die bei künftigen Krisen systemrelevante Teile einer Bank abspalten und restrukturieren soll, während nicht systemrelevante Teile dem Insolvenzverfahren überlassen bleiben sollen. Außerdem soll über die Abgabe ein Fonds aufgebaut werden, aus dem die Restrukturierungskosten im konkreten Fall finanziert werden. Das hat mit der vergangenen Krise nur insoweit etwas zu tun, als man aus dieser Krise gelernt hat, dass eine Restrukturierungsinstitution in Deutschland fehlt. Die für die vergangene Krise angefallenen Kosten sind für die Höhe der Bankenabgabe insoweit nicht relevant.

Wenn also die Höhe der Bankenabgabe für zu gering erachtet wird, lässt sich nur so argumentieren, dass der Fonds schneller aufgebaut werden müsste und insoweit eine höhere Abgabe sinnvoll sei. Dabei ist aber zu beachten, dass die ökonomische Leistungsfähigkeit der Banken berücksichtigt werden muss. Wenn wir die Banken heute zu stark belasten, besteht die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Kreditvergabe an Unternehmen. Dann zahlen die Bürgerinnen und Bürger indirekt erneut die Rechnung, sei es über ausbleibende Investitionen, weniger Wirtschaftswachstum oder weniger Arbeitsplätze. Ziel der Bundesregierung war es daher, den Banken einen Beitrag zur Vorbeugung gegen künftige Finanzkrisen abzuverlangen, gleichzeitig die Finanzwirtschaft aber nicht so zu belasten, dass die gesamte Volkswirtschaft darunter leidet.

Wenn Sie die Sozialisierung von Verlusten kritisieren, sollten Sie die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigen. Im Falle der Hypo Real Estate ist die damalige Bundesregierung davon ausgegangen, dass ein Scheitern der HRE vergleichbare Folgen wie die Pleite der US-Bank Lehman-Brothers hätte. Wenn Sie die Kosten der Finanzkrise den bisherigen Kosten der so genannten HRE-Rettung gegenüberstellen, sind diese durchaus vertretbar. Zwar kann man die Sozialisierung von Verlusten zurecht kritisieren, nach Ansicht der Bundesregierung wären die Kosten eines Nichteingreifens aber weitaus größer gewesen. Ohne ihre Zahlen bestätigen zu können, hat die Deutsche Bank, wie viele andere Investoren auch, unterm Strich von der Rettung profitiert. Ziel des Handelns der damaligen Regierung war es aber auch, entsprechende Verluste der Finanzinstitute zu verhindern, da dieses - ähnlich der Pleite von Lehman Brothers - zu einer weiteren Schwächung des ohnehin schon angeschlagenen Finanzsektors geführt hätte, mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Wirtschaft. Der damaligen Bundesregierung ging es nicht darum, der Deutschen Bank die Bilanz zu retten, sondern ein noch stärkeres Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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