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Volker Wissing
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Frage von Alexander S. •

Frage an Volker Wissing von Alexander S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Dr. Wissing,

am kommenden Freitag wird über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz namentlich abgestimmt.
Werden Sie dem Gesetz zustimmen?

Das BMF wird ermächtigt, Gesamthilfe bis zu 22,4 Mrd € zu leisten. Dieser Betrag *soll* nicht überschritten werden. Unter welchen Bedingungen wird er überschritten werden und stimmen Sie diesen Fällen zu?

Lese ich den § 1 I WFStG-Entwurf demnach richtig, dass der Bundestag zwar das BMF ermächtigt, Geld an die Hellenische Republik zu zahlen, die Höhe aber nur eine Soll-Bestimmung und nicht eine Muss-Bestimmung ist? Demnach kann ohne Mitwirkung des Bundestages dieser Betrag durchaus überschritten werden?
Bis zu welcher Höhe?

Nach § 1 II WFStG-E sind in den 22,4 Mrd € Ermächtigungsrahmen Zinsen und Kosten nicht enthalten. Bei 3% Zinsen und 10 Jahren Laufzeit gehe ich von 6,7 Mrd. € zusätzlicher Zinsen aus. Wieso wird diese Belastung verschwiegen?

Hinzu kommt:
Sollte ein Kreditgeber höhere Refinanzierungskosten haben als der Zins des Kreditnehmers im Rahmen des Darlehensvertrags, kann er verlangen, dass ihm ein Zinsausgleich gewährt wird, der anteilig aus dem Zinsertrag der anderen Geber finanziert wird, lautet eine Vereinbarung der Euro-Gruppe zur GR-Hilfe. (Deutsche Presse-Agentur GmbH am 5.5.10).
Zinseinnahmen müssen also ggf. an andere Euro-Länder abgegeben werden, zB Portugal, dass schon jetzt mehr für seine Kredite ausgibt, als GR.

Können Sie dieser Regelung zustimmen?

Sollten die Hilfen trotz allem nicht reichen und der Staatsbankrott oder eine Umschuldung in GR eintreten, werden die Kredite ihrem Rang nach bedient.

Sind also unsere Kredite junior, pari passu oder senior?

Wie stehen Sie zu den Alternativen Umschuldung (Haircut), geordnete Insolvenz, Austritt GR aus der Euro-Zone?

Falls Sie dem WFStG zustimmen, werden Sie dies auch entsprechend tun, wenn Portugal, Italien, Irland oder Spanien in eine vergleichbare Lage kommen und EU-Hilfen benötigen?

Vielen Dank für Ihre Beantwortung im Voraus! :-)

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schinzing,

vielen Dank für Ihre Frage vom 6. Mai 2010.

Nachdem die Staaten der Eurozone ein Stabilisierungspaket für die Währungsgemeinschaft beschlossen haben, das weit über das von Ihnen erwähnte Gesetz hinausgeht, dürfte sich Ihre Frage teilweise erledigt haben. Trotzdem möchte ich gerne zu Ihren Bedenken Stellung nehmen.

Ich weiß, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Hilfen für die anderen Mitgliedsstaaten der Eurozone sehr kritisch sehen. Schließlich ist jeder Staat für die eigene Finanz- und Haushaltspolitik selbst verantwortlich. Die Länder der Eurozone sind aber mittlerweile so weit miteinander verbunden, dass eine Krise des einen Staates automatisch auch Auswirkungen auf allen anderen Mitgliedsländer hat. Die Auffassung, dass man Griechenland getrost pleite gehen lassen könne, ohne dass das Folgen für unser Land habe, teile ich nicht. In dem Moment, in dem Griechenland seinen Schuldendienst einstellt, wird die Bonität des nächsten Landes angetestet, und es entsteht ein regelrechter Dominoeffekt, der in letzter Konsequenz auch vor Deutschland nicht halt macht. Deutschland könnte in die Situation geraten unter extremen Druck einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu müssen, weil es zu angemessenen Konditionen keine Mittel auf dem Kapitalmarkt mehr bekommt. In einer solchen Situation müsste der Staat seine Leistungen quasi aus dem Stand heraus auf ein Minimum abwürgen. Das was in der Wissenschaft so schön theoretisch-abstrakt als geordnete Insolvenz bezeichnet wird, ist ein für die Bürgerinnen und Bürger extrem schmerzhafter Prozess. Ich versichere Ihnen, dass die gesamte Bundesregierung sowie die sie tragenden Koalitionen vor allem von einem Gedanken getragen sind: Schaden vom deutschen Volk fernzuhalten. Wir wissen was wir den Menschen in unserem Land zumuten, aber wir tun dieses ausschließlich um Schlimmeres zu verhindern. Die Situation ist viel zu ernst für wirtschafts-theoretische Experimente.

Wenn wir den anderen Euroländern helfen, so helfen wir auch uns. Wir stabilisieren die gemeinsame Währung und damit die Ersparnisse unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir sichern die wirtschaftlichen Beziehungen der Euroländern untereinander und vermeiden ökonomische Verwerfungen. Wir versuchen den Mitgliedsländern der Eurozone, aber auch uns selbst, Zeit zu verschaffen, um die nationalen Haushalte sozialverträglich konsolidieren zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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