Frage an Volker Wissing von Dodi Hossein M. bezüglich Finanzen
Debatte um Steuersünder-Datei
Sehr geehrter Herr Wissing,
ist die Annahme der Steuersünderdatei nicht eine Selbstverständlichkeit gegenüber der Mehrheit der Steuerzahlern in Deutschland, die nicht über die kriminelle Energie und das KnowHow für ein Schwarzgeldkonto verfügen ? Wieso gibt es eine Debatte über die Art der Quelle, wenn Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch die Liste bewiesen werden kann ? Macht sich der Finanzminister mit seiner zögerlichen Haltung nicht unglaubwürdig gegenüber deutschen Steuerzahlern. Wieso drängt die europäische Gemeinschaft die Schweiz nicht zur Auflösung des Bankgeheimnisses, damit Kapital von Diktatoren, kriminellen Regierungen und Organisationen nicht ungehindert in Europa einsickern sowie Kapital von europäischen Steuersündern nicht ungehindert in die Schweiz fließt ? Wieso lässt sich die Bundesregierung von der schweizer Regierung und den Banken unter Druck setzen ? Verliert die Bundesregierung durch die Debatte um Kauf oder Nichtkauf der Steuersünder-Datei nicht immer mehr an Glaubwürdigkeit ? Wäre der Kauf der Datei nicht ein positives Signal an andere Steuersünder sich mit Schwarzgeld von der Schweiz fernzuhalten ?
Mit freundlichen Grüßen
Dodi Hossein Maghssudnia
Sehr geehrter Herr Maghssudnia,
vielen Dank für Ihre Frage vom 31. Januar 2010.
Es entspricht dem Wesen eines Rechtsstaates, dass dieser nicht nur die Einhaltung der Gesetze von seinen Bürgerinnen und Bürgern erwartet, sondern sich auch selbst daran halten muss. Da die Daten-CD nicht der FDP, sondern dem Fiskus angeboten wurde, kann die FDP auch nicht die abschließende Entscheidung darüber fällen, ob ein Ankauf mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar ist oder nicht. Diese Verantwortung trägt der Bundesminister der Finanzen gemeinsam mit den Finanzbehörden. Sie haben Informationen über den Anbieter sowie die Natur bzw. Herkunft der Daten, können deshalb am ehesten beurteilen, inwieweit der Erwerb vertretbar ist. Wichtig ist allerdings, dass die Entscheidungen der Finanzbehörden gerichtsfest sind. Es wäre fatal für die Steuermoral in unserem Land, wenn die Gerichte die Verwertung der Daten für unrechtmäßig erklärten. Dann würde der öffentliche Eindruck entstehen, dass der Rechtsstaat Steuerhinterziehung auch noch legalisiert. Der Staat hätte sich nicht nur in eine rechtsstaatliche Grauzone begeben und Steuergelder für nicht legal verwertbare Informationen verschwendet, er wäre gleichzeitig in der kaum erträglichen Situation, Steuerhinterziehung ungeahndet lassen zu müssen.
Die internationale Gemeinschaft übt bereits seit geraumer Zeit erheblichen Druck auf die Schweiz aus. So hat diese trotz ihres Bankgeheimnisses zugesichert, Daten amerikanischer Steuerbürger an die US-Steuerbehörden weiterzuleiten. Auch Frankreich hat eine Liste französischer Steuerbürger mit Konten in der Schweiz erhalten. Aus diesem Grund ist auch schwer verständlich, warum Deutschland eine entsprechende Zusammenarbeit verweigert wird.
Durch die intensive Diskussion verliert die Bundesregierung nicht an Glaubwürdigkeit. Im Gegenteil, sie ist Ausdruck einer gesunden Demokratie in der das für und wieder bestimmter Entscheidungen - auch öffentlich - erörtert wird. Der Erwerb der CD geht an die Grenzen des Rechtsstaates. Für mich ist es Ausdruck einer lebendigen Demokratie, dass die Bürgerinnen und Bürger gerade bei solchen Entscheidungen ganz genau hinschauen und die Entscheidung der Regierung kritisch hinterfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB