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Volker Wissing
FDP
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Frage von Ulrike N. •

Frage an Volker Wissing von Ulrike N. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

die FDP fordert ein 1. gerechteres, 2. einfacheres und 3. niedrigeres Steuersystem.
- Können Sie mir erklären, warum die FDP sich gerade in letzter Zeit so auf den dritten Punkt versteift, obwohl die anderen Punkte unabhängig von der Finanzlage umzusetzen wären (sozusagen ausgabenneutral)? Es dürfte den meisten Leuten egal sein, ob sie 10€ mehr in der Tasche haben, wenn sie stattdessen das Gefühl haben, dass es im Steuerrecht gerecht zugeht und sie ihre Steuererklärung selbst erstellen und verstehen können.
- Ein Stufentarif macht ein Steuersystem nicht automatisch einfacher. Was hilft es mir, wenn ich sofort meinen persönlichen Steuersatz kenne, aber bei der Bemessungsgrundlage weiter komplizierte Regelungen und Ausnahmetatbestände vorliegen?
Aus meiner Sicht wird nun auch unter FDP/CSU/CDU einfach wieder an den Stellschrauben gedreht, ohne dass sich grundlegend etwas ändert. Das FDP-Stufenmodell ist keine Steuerstrukturreform, wie es die FDP verkündet. Den Namen verdient eher ein System à la Paul Kirchhof.
Meine Meinung teilt übrigens auch der Sachverständigenrat (oder andersherum :)). Als Volkswirtin kann ich dem nur lebhaft zustimmen, was auf den Seiten 190ff des aktuellen Gutachtens des Sachverständigenrats dargelegt wird.
- Wie steht die FDP zu den steuerrechtlichen Aussagen des Sachverständigenrates?
- Warum werden aus ihrer Sicht die Aussagen der Experten nicht aufgegriffen und diskutiert?
Ich bin gespannt und freue mich auf Ihre Antwort, da Sie mir bisher als einer der wenigen Politikern positiv aufgefallen sind (z.B. durch Ihre Anfragen an die ehemalige Regierung).

Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Neumann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Neumann,

vielen Dank für Ihre Frage vom 24. November 2009.

Ich teile Ihre Auffassung, dass eine Steuerreform, die diesen Namen verdient, mehr sein muss, als die Senkung einzelner Steuerarten. Es geht der FDP nicht um kosmetische Korrekturen, es geht der FDP um einen Neuanfang. Natürlich ist es den meisten Menschen egal, wie sich ihr persönlicher Steuersatz berechnet, wichtig ist, dass die Menschen das Gefühl haben, dass es gerecht zu geht. Dieses hängt aber mit der Transparenz des Steuersystems zusammen. Mit dem von der FDP vorgeschlagenen Stufentarif, kann jeder Bürger, jede Bürgerin berechnen wie hoch die Steuerbelastung ist - nicht nur die eigenen, sondern auch die der anderen. Diese Klarheit ist Voraussetzung dafür, dass überhaupt erst ein Gefühl der Steuergerechtigkeit entstehen kann. Selbstverständlich muss die Einführung des Stufentarifs einhergehen mit der Abschaffung von Ausnahmetatbeständen, nichts anderes hat die FDP gefordert.

Für die FDP sind Steuersenkungen ein essentieller Beitrag zur Wiederbelegung der Konjunktur. Unsere gesamte Wirtschaft basiert auf dem Leistungswillen der Menschen. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürger wieder das Gefühl geben, dass sich ihre Arbeit auch für sich - und nicht nur für den Staat - lohnt. Die Leistungsbereitschaft der Menschen ist die Grundlage des Aufschwungs. Eine hohe Steuerbelastung ist Gift für die Konjunktur, sie frustriert die Menschen und führt dazu, dass der Staat mittel- bis langfristig sogar weniger einnimmt. Der Haushalt lässt sich nur mit, aber nicht gegen die Konjunktur konsolidieren.

Selbstverständlich nimmt die Bundesregierung das Gutachten des Sachverständigenrates zur Kenntnis. Dieser ist ein Beratungsgremium, aber keine Regierung und genauso werden auch seine Empfehlungen gewertet, sie werden geprüft, ggfs. aufgegriffen oder auch verworfen. Der Sachverständigenrat ist kein politisches, sondern ein wissenschaftliches Gremium. Er behandelt vor allem ökonomische und weniger gesellschaftliche Aspekte, deshalb kann auch sein Input immer nur partieller Natur sein. Das was aus einseitig ökonomischer Sicht wünschenswert sein mag, kann aus politisch-gesellschaftlicher Sicht kontraproduktiv sein. Eine Bundesregierung muss stets die Gesamtgesellschaft im Blick haben.

Ich hoffe deshalb sehr, dass die Bundesregierung das Gutachten des Sachverständigenrates intensiv prüft, konstruktiv mit den Empfehlungen umgeht und dort wo es sinnvoll ist, diese aufgreift und umsetzt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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