Frage an Volker Wissing von Knut A. bezüglich Soziale Sicherung
Betr.: Ihre Antwort an F. F. vom 10.7.2009 (Rentenversicherung)
Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,
leider unterliegen Sie einem Irrtum bei Ihrer Aussage, ich zitiere:
"... gesetzlichen Rentenversicherung an. Diese ist ein reines Umlagesystem und die Ansprüche der jetzigen Rentnergeneration richten sich direkt und ausschließlich an die derzeitigen Beschäftigten."
Tatsache ist:
Die Rentenhöhe der GRV-Versicherten bemisst sich ausschliesslich an der Höhe der selbst eingezahlten Rentenbeiträge. Dieser beitragsabhängige Rentenanspruch ist verfassungsrechtlich geschützt. Die Art der Finanzierung, ob kapitalgebundenes oder Umlage-Verfahren, ist hierbei völlig unerheblich. Es ist völlig ohne Belang in welcher Generation gerade Beiträge einbezahlt oder gerade Renten bezogen werden.
So hatte der Gesetzgeber 1955 im Zusammenhang mit der Umstellung der Rentenversicherung vom Kapitaldeckungs- zum Umlageverfahren die Rückzahlung seiner Schulden, die er bei den Rentenversicherungsträgern hatte, mit der Begründung verweigert, dass der Bund ja sowieso Steuermittel zur Verfügung stellt, wenn die Beiträge zur Finanzierung der Renten nicht ausreichen sollten. Quellen: Bundestagsdrucksache 1659,
Ihre Aussage: "Inwieweit die Aufrechnung der so genannten versicherungsfremden Leistungen der Vergangenheit mit den staatlichen Zuschüssen zur Rentenversicherung einen tatsächlichen Gewinn für die GRV ergeben würde, kann ich Ihnen leider nicht sagen." erschüttert mich, wie wohl die Mehrheit von uns Rentenversicherten, doch sehr. Es geht um über 600 Milliarden Euro. Angesichts dieser Fakten frage ich Sie Halten Sie es nicht auch für nötig sich für eine Klarstellung der Rentenfinanzierung einzusetzen, und dass diese Entnahmen künftig verhindert werden und ein Ausgleich erfolgt? zum nachhaltigen Schutz und Erhalt die GRV umgehend erweitern auf alle Selbstständigen, Beamten, Politiker und abhängig Beschäftigten? (Österreich hat diese Umstellung 2005 vollzogen)
Freundliche Grüße
Knut Albrecht
Sehr geehrter Herr Albrecht,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 13. Juli 2009.
Natürlich bemisst sich die Rentenhöhe, aufgrund des Punktesystems, an den eingezahlten Beiträgen. Da die Rentenpunkte aber nicht für einen bestimmten, dauerhaft festgeschriebenen Geldwert stehen, rechtfertigen sie auch keinen Anspruch auf eine bestimmte Rentenhöhe. Im Prinzip stellt das Punktesystem nur sicher, dass einer der mehr eingezahlt hat, mehr bekommt, als einer der wenig einbezahlt hat. Für Rentenzahlungen zur Verfügung stehen aber nur die Beitragszahlungen der Beschäftigten sowie der staatliche Zuschuss zur Rentenkasse. Das Punktesystem ist nichts anderes als ein Verteilungsmechanismus, es hat nichts mit dem Aufbau eines eigenen Kapitalstocks zur Altersvorsorge zu tun.
Ihre Verärgerung über versicherungsfremde Leistungen teile ich. Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass ein Radikalumstieg nicht möglich ist. Ein radikaler Systemwechsel würde vielleicht die Rentenbeiträge senken, aber die Beschäftigten würden gleichzeitig über die Einkommenssteuer oder andere Steuerformen massiv zur Kasse gebeten. Wenn der Staat heute 600 Milliarden Euro, um auf Ihre Zahl zurückzugreifen, an die Rentenversicherung "zurückzahlt", dann muss er sich diese vorher bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern holen. Der Staat hat kein Geld, er hat nur Schulden. Das Geld, welches Sie vom Staat einfordern, würde er Ihnen an anderer Stelle wieder abnehmen müssen. Für viele Beschäftigten reduziert sich damit das Thema auf die Frage, ob sie lieber Steuern oder lieber Abgaben zahlen wollen - zur Kasse gebeten werden sie auf jeden Fall.
Aus diesem Grund setzt sich die FDP für den verstärkten Aufbau einer privaten Vorsorge ein. Wir wollen nicht, dass die Altersvorsorge der Menschen für Wahlgeschenke oder als Spielball politischen Gestaltungswillens missbraucht werden kann. Wir wollen eine transparente und unabhängige Finanzierung der Altersvorsorge. Wenn der Staat bestimmte rentenpolitische Leistungen, die nicht der direkten Altersvorsorge der Beschäftigten dienen, für wichtig erachtet, muss er diese aus dem Steueraufkommen finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB