Frage an Volker Wissing von Anne F. bezüglich Soziale Sicherung
Betr.: Ihre
Antwort an Frau S. vom 2.7.2009 (Rentenversicherung)
Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,
Würden Sie bitte zu nachfolgenden Fragen Stellung beziehen:
Die politisch Verantwortlichen umgehen geschickt einen der wichtigsten Punkte zur Rentenproblematik: Die Entnahme eines gigantischen Vermögens aus der Rentenversicherung seit 1957 in Höhe von rd. 1 Billion DM zur Entlastung der Bundeshaushalte für gesamtgesellschaftliche Verpflichtungen.
1. Warum musste 5 Jahrzehnte lang (bis heute!) die „Kaste“ der zwangsversicherten Beitragszahler zusätzlich zur normalen Steuerbelastung mit ihrem erarbeiteten und versteuerten Eigentum Staatslasten gesamtgesellschaftlicher Natur (zum Wohle der übrigen Steuerzahler) übernehmen? - Nennt die Politik das „Solidarsystem“?
2. Warum werden diese „Anleihen“ nicht wieder zurückgezahlt?
3. Würde die GRV mit dem zurückerstatteten Kapital nicht weitgehend die größten Probleme meistern? Oder soll das verhindert werden zugunsten der privaten, steuerfinanzierten Altersvorsorge?
4. Garantiert das GG nicht den Schutz des Eigentums?
5. Warum spricht die Politik von Zuschüssen, wenn auch heute noch die Finanzierung der Fremdleistungen* nicht voll übernommen und ein Teil weiter den Beitragszahlern aufgebürdet wird? Es handelt sich hier weder um Zuschüsse noch um Rückerstattungen. Es sind Staatsverpflichtungen!
6. Warum vermeidet die Politik den Begriff „Rentenversicherung“ und spricht nur noch von „Rentenkasse“? Ist der Griff in eine „Kasse“ unproblematischer als Entnahmen aus einer “Versicherung?“
7. Geht man bei den Berechnungen von der Unsterblichkeit der Rentner aus?
8. Für wen macht es SINN, dass „unabhängige“, konzerngesteuerte Professoren als so genannte „Rentenexperten“ die Politik beeinflussen?
*Definition der „Versicherungsfremden Leistungen“: Hierzu die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte: „Alle Leistungen, die nicht oder nicht in vollem Umfang durch Beiträge gedeckt sind, sind als versicherungsfremd anzusehen!“
MfG
Anne Fröhner
Sehr geehrte Frau Fröhner,
vielen Dank für Ihre Frage vom 9. Juli 2009.
Mit Ihrem Schreiben sprechen Sie ein ganz wesentliches Problem der gesetzlichen Rentenversicherung an. Diese ist ein reines Umlagesystem und die Ansprüche der jetzigen Rentnergeneration richten sich direkt und ausschließlich an die derzeitigen Beschäftigten. Normalerweise müssten alle politisch gewollten Altersvorsorgeleistungen, denen keine eingezahlten Beiträge gegenüberstehen aus dem Steueraufkommen finanziert werden. So müssten z.B. Rentengutschriften für Erziehungs- oder Ausbildungszeiten vollständig über Steuern finanziert werden. In der Vergangenheit wurden zu oft soziale Leistungen eingeführt, die zwar politisch gewollt waren, aber im Prinzip nicht Aufgabe einer Altersvorsorge der Beschäftigten sind. Um den Staatshaushalt zu schonen, wurden diese Leistungen aus den Versicherungsbeiträgen der Beschäftigten und nicht aus dem Steueraufkommen finanziert.
Inwieweit die Aufrechnung der so genannten versicherungsfremden Leistungen der Vergangenheit mit den staatlichen Zuschüssen zur Rentenversicherung einen tatsächlichen Gewinn für die gesetzliche Rentenversicherung ergeben würde, kann ich Ihnen leider nicht sagen.
Ich teile Ihre Auffassung, dass eine Entflechtung der eigentlichen Aufgabe einer Altersvorsorge für die Beschäftigten von politisch gewollten Rentenleistungen dringend erforderlich ist. Dieses ist auch ein Grund für die FDP sich für einen stärkeren Ausbau der privaten Altersvorsorge einzusetzen. Wir wollen, dass die Menschen selber für ihr Alter vorsorgen können und diese Vorsorge ihnen auch direkt zugute kommt. Eine private Rentenversicherung würde es jedenfalls deutlich schwerer machen, politische Aufgaben über die Versicherungsbeiträge der Beschäftigten zu finanzieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB