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Frage von Tom S. •

Frage an Volker Schröder von Tom S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Wahlkreisbewerber,

Sie haben sich in Ihrem Wahlprogramm für den gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen. Wie ist Ihre persönliche Meinung zu diesem Thema?

In meinen Augen sollte ein Mindestlohn so gewählt werden, dass er den Menschen auch nach einem langen Arbeitsleben einen würdevollen Lebensabend beschert. Dazu sei aber angemerkt, dass dies bedeutet, dass der Mindestlohn mindestens 10,40 € betragen müsste (Vergleich Studie: http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-aktuell/1040-euro-mindestlohn-fur-eine-existenzsichernde-rente ), um dies zu erreichen. Ihr Mindestlohn liegt hier unterhalb diesen, was natürlich die Frage aufwirft, ob der Mindestlohn nicht höher angesetzt werden muss, bzw. eine Reform der Grundsicherung im Alter notwendig wäre.

Gleichzeitig macht private Vorsorge nur Sinn, wenn davon auszugehen ist, dass die später ausgezahlte Rente hoch genug ist, um auf Grundsicherungsleistungen verzichten zu können, andernfalls senkt die private Vorsorge nur den Zuschuss, der gesellschaftlich zu zahlen ist

Wenn Sie in den Bundestag gewählt werden würden, was würden Sie einbringen, um diesen Missstand aufzulösen?

Damit nichts vergessen wird, nochmal die Punkte:
Mindestlohn und Höhe
Grundsicherung im Alter
private Altersvorsorge (ja/nein)
Anrechnung privater Altersvorsorge auf Grundsicherungsleistungen

Und zu guter Letzt: Politik wird ja nicht nur für 4 Jahre, sondern für die nächsten Generationen gemacht. Halten Sie es für sinnvoll, den nächsten Generationen die Belastungen aufzubürden, die durch jetziges Handeln verursacht werden?

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Schulz,

die Hartz IV Reformen haben den Arbeitsmarkt gravierend verändert. Während es früher üblich war, das Unternehmen durch übertarifliche Zulagen um Arbeitnehmer werben, sind heutige Alg 2 Empfänger in einer Form erpressbar geworden, das sie ihr Existenzminimum riskieren, wenn sie ein beliebig unterbezahltes Jobangebot ablehnen. Menschen unter 25 Jahren kann sogar die Miete sanktioniert und damit der junge Erwachsene in die Obdachlosigkeit gebracht werden. Mir ist vollkommen unverständlich, wie man dies als "Fördern und Fordern" bewerben kann.

Aufgrund dieser Entwicklung ist heute ein gesetzlicher Mindestlohn unverzichtbar geworden, und ich gebe ihnen Recht, das dieser auch einen würdevollen Lebensabend finanzieren muss. Dies ist meines Wissens auch bei den Piraten Konsens. Leider gab es in dem beschlossenen Wahlprogrammantrag Fehler in der Berechnung der Höhe des Mindestlohns, weshalb ein zu niedriger Betrag beschlossen wurde.

Im Bundestag werden wir die Höhe des Mindestlohns nicht alleine beschließen können. Um zu beginnen, die Situation zu verbessern, werde ich auch einem zu niedrigen Mindestlohn zustimmen, nachdem ein angemessener mehrheitlich abgelehnt wurde - ich werde allerdings fortgesetzt für eine angemessene Höhe kämpfen, die nach meinem heutigen Verständnis bei mindestens 10,40€ liegen sollte und unbedingt eine automatische Inflationsanpassung beinhalten muss. Der Mindestlohn muss also automatisch ohne weiteren politischen Beschluss jährlich um die Inflationsrate erhöht werden.

Die staatliche Subvention der "kapitalgedeckten" privaten Altersvorsorge lehne ich ab.

Die wichtigsten Gründe hierfür:
- a) Stabilität/Sicherheit: Der Generationenvertrag, also die umlagefinanzierte Rente, ist extrem krisensicher. Solange die arbeitende Bevölkerung den Konsum der gesamten Gesellschaft produziert, können ausreichende Renten finanziert werden. In der Vergangenheit hat diese umlagefinanzierte Rente Kriege, Wirtschaftskrisen und Währungszusammenbrüche überstanden. "Kapitalgedeckte Altersvorsorge" bietet diese Sicherheit nicht. Eine größere Krise reicht aus und die "Vorsorge" ist futsch.

- b) Effizienz/Gerechtigkeit: Während die Deutsche Rentenversicherung mit einem extrem geringen Verwaltungskostenanteil auskommt, sind die Provisionen und Gebühren von "Rürup-" und "Riesterrenten" so hoch, das die meisten dieser Verträge trotz staatlicher Subventionen schlechtere Renditen abwerfen, als klassische konservative Geldanlagen ohne staatlichen Zuschuss. Damit ist der staatliche Zuschuss für diese "Alterssicherung" tatsächlich im Effekt eine reine Bankensubvention, die in ihrer Folge auch die Bildung von "Finanzblasen" unnötig befeuert.

- c) soziale Gerechtigkeit: Es ist geradezu zynisch, von Menschen, die kaum über dem Existenzminimum leben, "Verantwortung für die eigene Altersvorsorge" zu fordern. Durch die Kürzung der umlagefinanzierten Rente und Förderung der sogenannten "kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge" wurden speziell Geringverdiener benachteiligt und Banken gefördert.

Daher fordere ich die schnellstmögliche Wiederherstellung der umlagefinanzierten Rente und Beendigung der Subvention von Banken durch "Rürup-" und "Riesterrenten".

Menschen, die trotz geringen Einkommens, auf die Versprechen der Politik herein fielen, Eigenverantwortung übernahmen und von ihrem wenigen Geld einen Teil ab knappsten und eine "kapitalgedeckte Altersvorsorge" ab schlossen, ist es extrem zynisch, ihnen dies im Alter in voller Höhe auf die Grundsicherung anzurechnen. Solange eine Bedürftigkeitsprüfung zur Gewährung der Grundsicherung unvermeidlich ist, darf daher maximal ein Teil der privaten Altersvorsorge auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Um all diese Probleme nachhaltig zu lösen, fordern wir Piraten die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Dieses soll vollständig steuerfinanziert, jedem Bürger zu gute kommen, unabhängig von Bedürftigkeit und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen.

Mit ihrer letzten Frage eröffnen sie ein sehr großes Themenfeld. Für mich hat das Querschnittsthema Nachhaltigkeit den höchsten Stellenwert. Eine kurzfristige "Lösung", die absehbar größere Probleme in der Zukunft verursacht, ist keine Lösung. Bezogen auf die Altersvorsorge, kann nur ein Generationenvertrag eine nachhaltige und faire Alterssicherung gewährleisten.

Dies betrifft aber ebenso alle anderen politischen Themenfelder. Während bis in die 80er Jahre der Erhöhung der Staatsverschuldung eine Vermehrung des Staatsvermögens gegenüber stand, haben sich diese Grundsätze gewandelt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden große Staatsvermögen "privatisiert", ohne das die Staatsverschuldung entsprechend reduziert wurde. Dieses dem Wähler als "Haushaltskonsolidierung" zu verkaufen, ist zynisch - und ein weiteres Beispiel dafür "den nächsten Generationen die Belastungen aufzubürden, die durch jetziges Handeln verursacht werden".

Auch die Nutzung von Kernenergie ist ein weiteres Beispiel hierfür, wie auch unser heutiger Umgang mit Rohstoffen. Den kommenden Generationen hinterlassen wir die langfristige Nachsorge für unseren Atommüll und anderen Sondermüll ebenso wie sinnlos ausgeplünderten Rohstoffe, verödende Ozeane und heute noch ungekannte Extremwetterlagen - um aufzuhören, "den nächsten Generationen die Belastungen aufzubürden, die durch jetziges Handeln verursacht werden" müssen wir dies national aber auch global anerkennen und entsprechend konsequent umsteuern.

Mit freundlichen Grüßen,

Volker Schröder