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Volker Schneider
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Volker Schneider von Jürgen B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Schneider,

wie auch Sie sicher aus den Medien erfahren haben, beabsichtigt sie Deutsche Telekom AG innerhalb des nächsten Jahres die Schließung von 75% aller Callcenter in Deutschland.

Betroffen ist auch hiervon das Saarbrücker Callcenter Eschberg.

Als einzige "Alternative" wird mir als langjährig bei der Deutschen Telekom AG Beschäftigten das "nächstgelegene" Luwigshafen angeboten.

Da ich als normale Tarifkraft die mehr aufzwendenden Fahrtkosten und Fahrtzeit nicht ersetzt bekomme (kein Dienstwagen), kann ich diese "Alternative" nicht finanzieren/akzeptieren.

Die Möglichkeit des Umzugs mit meiner gesamten 4-köpfigen Familie muss ich leider auch ausschließen, da wir uns vor 6 Jahren zum Kauf einer Immobilie entschlossen hatten und noch einige Zeit das Darlehen hierfür abbezahlen müssen.

Zu meinen zwei Fragen an Sie:

Wie denken Sie über die über die radikale und unsoziale Verhaltensweise der Deutschen Telekom AG, die wie am Beispiel Saarbrücken eines der bundesweit leistungsfähigsten Callcenter am grünen Tisch schließt und im gesamten Wirtschaftraum Südwest-Deutschland succzessive alle Standorte/Arbeitsplätze wegfallen lässt?

Es würde mich freuen, wenn Sie Ihre Meinung zum Verhalten der Deutschen Telekom AG gegenüber Leistungsträgern und über Jahre zuverlässigen Mitarbeitern (Eigenlob stinkt; macht nichts)
diesem großen Arbeitgeber gegenüber, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, zum Ausdruck bringen würden.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Baltes

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Baltes,

Ihre Kritik und Verärgerung bezüglich der Telekom teile ich und kann ich voll nachvollziehen. An den bisherigen Protestaktionen im Saarland habe ich daher teilgenommen und meine Solidarität mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht. Meine grundsätzliche Haltung zu den Planungen der Telekom habe ich bereits in einem Schreiben am 26.8.08, mit dem ich meine Teilnahme an dem Begegnungsabend der Telekom "Salü Saarland - Salü Telekom" abgesagt habe, zum Ausdruck gebracht. Da dieses Schreiben für mich inhaltlich weiter seine Gültigkeit behält und auch Ihre Frage beantwortet, gebe ich es Ihnen gerne zur Kenntnis:

Sehr geehrte Frau Barnekow,

die Deutsche Telekom hat ihren Begegnungsabend unter das Motto "Salü Saarland - Salü Telekom" gestellt. Salü, damit begrüßen Saarländer gute Bekannte und Freunde. Im Französischen meint "saluer" aber auch "dire au revoir" und zu letzterem scheint die Telekom entschlossen, da sie beabsichtigt das Saarbrücker Call-Center zu schließen. 220 Mitarbeiter, in der Mehrzahl Frauen, viele familiär gebunden, ein erheblicher Anteil Teilzeitbeschäftigte/r und eine erhebliche Anzahl Schwerbehinderte sollen ihren Arbeitsplatz in Saarbrücken verlieren.

"Großzügig" bietet die Telekom diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Weiterbeschäftigung in Ludwigshafen an, wohl wissend, dass diese das Angebot nicht annehmen können. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Zusammenlegung ausschließlich der Entsorgung von Personal dient, um bei Neueinstellungen Personalkosten einsparen zu können. Die Behauptung, dass größere Einheiten aus wirtschaftlichen Gründen notwendig seien, bestätigt nicht einmal das Callcenter-Forum Deutschland (CCF). Dies sei abhängig vom Geschäftsmodell, erklärt der Sprecher des CCF. Auch laut Patrick Tapp, Vizepräsident Verbraucherdialog beim Deutschen Dialog Marketing Verband, existiert kein direkter Zusammenhang zwischen Wirtschaftlichkeit und Anzahl der Mitarbeiter: "Jeder Mitarbeiter bringt die gleiche Leistung, egal, ob in seinem Umfeld hundert oder 2000 Kollegen sitzen." Allerdings könnte Größe helfen, die Verwaltungskosten pro Kopf zu senken. Das wiederum wird dann allerdings zu vergleichsweise bescheidenen Einsparungen (zum Einsparvolumen für diesen Bereich machte die Telekom bezeichnenderweise keine exakten Angaben) führen, was m. E. nur unter den Prämissen eines ungezügelten Raubtierkapitalismus rechtfertigt, auf derart rücksichtslose Art und Weise mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzuspringen.

Dass Herr Obermann ernsthaft behauptet, dass derartige Maßnahmen für die Zukunft des Unternehmens unverzichtbar seien, kann ich auch als (Noch-)Kunde nicht nachvollziehen. Die Servicequalität hat bei der Telekom in den letzten Jahren spürbar gelitten. Einsparungen zu Lasten der Mitarbeiter flossen wohl überwiegend in den Gewinn und in die Ausschüttung von Dividenden und wurden - wenn überhaupt - nur in geringerem Umfang über den Preis an die Kunden weitergegeben. Bislang habe ich die höheren Preise bei der Telekom wegen des besseren Service gerne bezahlt. Heute kann ich dieses kaum noch rechtfertigen. Wenn sich der Service nicht mehr von dem billigerer Konkurrenten am Markt unterscheidet, welchen Grund sollte es dann noch geben, sich nicht für das preiswertere Angebot zu entscheiden. Nicht von ungefähr verliert die Telekom in der Festnetzsparte weiter massiv an Kunden und dies liegt nicht an den Mitarbeitern, die sich mit ihrem Unternehmen vielleicht mehr identifiziert haben, als dies mancher aus der Vorstandsetage getan hat, Dies hat allein die Spitze des Unternehmens zu verantworten. Und deshalb gehört diese, Herr Obermann vorne weg, so schnell als möglich dorthin geschickt, wo sie hingehört, nämlich in die Wüste.

Unter den gegebenen Voraussetzungen ziehe ich es heute vor, meinen Abend mit den Menschen zu verbringen, die für dieses Land und diese Region stehen und die mit ihrem Einsatz und Engagement auch das Unternehmen Telekom an der Saar gestärkt haben. Diese Menschen, die für das Saarland und die Telekom stehen, erwarte ich jedoch nicht auf Ihrem Begegnungsabend, diese Menschen werde ich auf dem Alternativen Begegnungsabend in der Arbeitskammer treffen. Insoweit ziehe ich meine Anmeldung zu Ihrem Abend ohne Bedauern zurück.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Schneider