Frage an Volker Schebesta von Hermann A. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Schebesta,
wie ich sehen konnte, haben Sie für das Projekt Stuttgart21 gestimmt.
Durch die bereits gestiegenen Kosten auf über 4 Mrd. Euro (Anfangs waren meines Wissens ca. 2,5 Mrd. Euro veranschlagt), soll es in den nächsten Jahren (möglicherweise 8-10 Jahren) zu vielen Einstellungen bzw. Verzögerungen von sonstigen Projekten rund um die Infrastruktur in Baden-Württemberg kommen.
Vom Straßenbau, über Sanierungen und Instandhaltungen sollen Projekte zurückgestellt werden bzw. schon worden sein.
Die Kosten für Stuttgart21 betragen ca. das 8-10 fache des Jahresetats von Baden-Württemberg für Infrastrukturmaßnahmen.
Wenn man ähnliche Projekte bundesweit vergleicht, dann muss man leider schon davon ausgehen das die momentane Summe nicht das Ende der Fahnenstange sein wird.
Wie wird sich dieses Projekt in den kommenden Jahren auf unser Land auswirken? Wird es definitiv bei der momentan veranschlagten Summe bleiben? Falls nicht, was sind die Worst-Case Annahmen? Gibt es solche Hochrechnungen? Falls nicht, weshalb nicht?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier
Sehr geehrter Herr Allgaier,
mit der Vorstellung der Kostenberechnung für die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm in der vergangenen Woche liegen jetzt für beide Maßnahmen des Bahnprojekts Stuttgart - Ulm (neben der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm das von Ihnen problematisierte Vorhaben Stuttgart 21) Grundlagen für präzise Kalkulationen vor. Für diese Berechnung der zu erwartenden Bau- und Planungskosten wurden die einzelnen Bauabschnitte und Gewerke konkretisiert.
Diese Entwurfsplanung für Stuttgart 21 ergab im Dezember 2009 einen Finanzbedarf von 4,088 Mrd. €, wie Sie angeführt haben. Bei der Finanzierungsvereinbarung von April 2009 wurden Kosten in Höhe von 3,076 Mrd. € angesetzt, allerdings ergänzt um einen Risikofonds in Höhe von 1,45 Mrd. €. In dem höheren Betrag nach der Entwurfsplanung ist ein Betrag in Höhe von 323 Mio. € für Baupreissteigerungen enthalten. Nach der Entwurfsplanung und der damit verbundenen erhöhten Kostensicherheit werden die verbleibenden Risiken als wesentlich geringer eingeschätzt, als sie noch in der Finanzierungsvereinbarung zugrunde gelegt werden mussten. Die im Risikofonds verbleibenden Mittel sollen nach wie vor für die vorhersehbaren Risiken ausreichen. Der in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehene Anteil des Landes für Kostenansatz und Risikofonds ist deshalb nicht überschritten worden und es müssen für noch höhere Kosten auf der Grundlage dieser Kostenberechnung auch keine Umschichtungen erfolgen, wie Sie sie befürchten.
Ich bin der Überzeugung, dass die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm und Stuttgart 21 für ganz Baden-Württemberg von herausragender verkehrspolitsicher Bedeutung ist. Die Schaffung eines Durchgangsbahnhofs in der Landeshauptstadt Stuttgart und die Realisierung einer deutlich schnelleren Trasse von Wendlingen nach Ulm wird die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm von derzeit 54 Minuten auf 28 Minuten nahezu halbieren. Damit stellen wir sicher, dass eine wesentliche - vielleicht sogar die wesentlichste - Ost-West-Achse in der europäischen Schieneninfrastruktur nicht an Baden-Württemberg vorbei führt und wir im Verkehrsschatten liegen, sondern wir in unserem Land Anteil daran haben. Es ist auch für uns in der Ortenau ein enormer Unterschied, ob wir Fernverkehr nach Paris oder nach Wien in Straßburg und Karlsruhe erreichen, oder ob wir dazu nach Metz oder nach Mannheim müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Schebesta