Portrait von Volker Blumentritt
Volker Blumentritt
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Volker Blumentritt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Henning R. •

Frage an Volker Blumentritt von Henning R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Blumentritt,

nun wurde durch die Bundesregierung der Kassenbeitragssatz auf 15,5 % festgesetzt, (die Kassen schreien reflexartig schon jetzt, dies sei zu wenig) gemäß einer solidarischen Grundeinstellung ist das einerseits verständlich. Andererseits haben wir ca. 220 Krankenkassen. Wieso belasten Sie und Ihre KollegINNen den Steuerzahler bevor Sie die Kosten senken? Wenn Sie schon für Einheitsbeiträge sind, warum sind Sie dann nicht dafür?
220 Krankenkassen bedeuten auch ebenso viele Vorstände, Geschäftsführer, Verwaltungseinheiten etc.
Warum müssen wir an jeder "Milchkanne" ein bzw. mehrere Krankenhäuser (Weimar, Jena, Apolda um nur einige in unserer unmittelbaren Nachbarschaft zu nennen) haben?
Warum brauchen wir in Zeiten einer solch komplizierten Finanzlage noch eine komplizierte Gesundheitsreform, die nur wieder eines schafft: Mehr Kosten für den Bürger? Und warum entscheiden (fast) ausschließlich Privatversicherte über das Geld und die Beiträge der gesetzlich Versicherten?

Besten Dank für Ihre Antwort,

Portrait von Volker Blumentritt
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ratajzak,

ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 16. Oktober 2008 zum Thema Gesundheitsfonds der im Januar 2009 in Kraft treten wird. Aufgrund der turbulenten letzten Sitzungswochen im Deutschen Bundestag, komme ich erst heute dazu Ihnen zu antworten.

Ab dem 1. Januar 2009 wird für die gesetzlichen Krankenversicherungen ein einheitlicher Beitragssatz von 15,5 Prozent erhoben werden. Der Gesetzentwurf sieht im Weiteren eine Neuregelung in der Honorierung der Ärzte und eine Änderung in der Versorgung mit Arzneimitteln vor.

Es ist vorgesehen die Beiträge der Arbeitnehmer und Unternehmer von einer neu eingerichteten zentralen Stelle (dem sogenannten Nationalen Gesundheitsfonds) aus zu erheben. Auch der Bund zahlt, im Jahr 2009 beispielsweise vier Milliarden Euro, in den Gesundheitsfonds ein. Aus diesen Mitteln erhält jede Krankenkasse pro Versichertem eine pauschale Zuweisung. Die Verteilung an die Krankenkassen wird auf Grundlage eines zuvor errechneten Verteilungsschlüssels erfolgen. Das Gesundheitsfonds-Konzept sieht vor, dass Krankenkassen die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Arbeit Haushaltsüberschüsse erzielen, diese an ihre versicherten Mitglieder zurückgeben können. Krankenkassen, die mit ihren zugeteilten Ressourcen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, besitzen die Möglichkeit einen zusätzlichen Beitrag von ihren Mitgliedern zu erheben. (Dies können bis zu 8 Euro pro Monat ohne Einkommensprüfung sein. Für höhere Sätze gilt die Grenze von ein Prozent des Einkommens). Im Fall eines zusätzlich erhobenen Beitrags von Seiten der Krankenkasse besitzt der/die Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Das neu gestaltete Finanzierungssystem des Gesundheitsfonds macht die Arbeit der Krankenkassen bezüglich ihres Leistungs- und Kostenmanagements für den/die Versicherte/n transparenter. So kann jede/r Versicherte zukünftig selbst beurteilen, ob die von ihm gewählte Krankenversicherung wirtschaftlich arbeitet und dies über finanzielle Vergünstigungen und/oder Prämienauszahlungen an die Krankenkassenmitglieder weitergibt.

Der ab Januar 2009 gültige einheitliche Beitragssatz von 15,5 Prozent und die zentral verwaltete Zuteilung der finanziellen Mittel an die Krankenkassen berücksichtigt die Krankheitswahrscheinlichkeit (Morbidität) einer Person vor dem Hintergrund einer spezifischen demografischen Sterblichkeitsrate (Mortalität). Dieser sogenannte „morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich“ (Morbi-RSA) bedeutet für die gesetzlichen Krankenkassen eine Neugliederung des Risikostrukturausgleichs und führt dazu, dass jede Krankenkasse annähernd die finanziellen Ressourcen erhalten wird, die sie für die Versorgungsleistungen ihrer Versicherten benötigt. Die neuen Regelungen des Gesundheitsfonds sollen dafür sorgen, dass oben benannter, gegenwärtig, verzerrter Wettbewerb der Krankenkassen, der nichts mit wirtschaftlichem oder schlechtem Management zu tun hat, beendet wird und dass die Beitragsmittel von zentraler Stelle aus, gerecht verteilt werden.

Da alle Kassen zu Beginn einen Beitrag von 15,5 Prozent verlangen werden, hat dies unter Umständen die von Ihnen erwähnte Mehrbelastung für die Versicherten zur Folge. Allerdings werden gut wirtschaftende Krankenkassen ihre Beiträge wieder senken und ihre erwirtschafteten Überschüsse an ihre Versicherten weitergeben. Im Ergebnis werden die Versicherten in Zukunft einen geringeren Beitragssatz zahlen. Weniger gut arbeitende Kassen werden sich verbessern müssen. Im einem Wettbewerb - der sich nicht mehr um den niedrigsten Beitragssatz drehen wird, sondern in dessen Mittelpunkt die Qualität der Angebote, die Betreuung und Versorgung der Versicherten und Service stehen wird - werden schlecht unwirtschaftlich arbeitende Krankenkassen vom Markt verschwinden. Dies bedeutet eine Reduzierung der - auch von Ihnen erwähnten - über 200 existierenden deutschen Krankenkassen und die Einsparung von Verwaltungskosten.

Erwähnenswert erscheint die Tatsache, dass etwaige Veränderungen in den Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus der Einführung des Gesundheitsfonds resultieren, sondern abhängig von der Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen und der Ausgaben sind. Dies bedeutet, dass auch ohne die Einführung des Gesundheitsfonds bestimmte demographische und wirtschaftliche Entwicklungen bei der Haushaltsplanung der Krankenkassen hätten berücksichtigt werden müssen und es auch auf diesem Weg Beitragssatzanpassungen gegeben hätte.

Die Erhaltung unseres Gesundheitswesens als leistungsstarkes und für jeden Bürger bezahlbares System, sehe ich als eine der großen politischen Herausforderungen (auch im Hinblick auf unsere älter werdende Gesellschaft). Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass unser Gesundheitssystem weiter solidarisch finanziert bleibt und auf eine breitere finanzielle Basis gestellt wird.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen ein wenig weitergeholfen zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen,
Volker Blumentritt