Frage an Verena Häggberg von Marcus E. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Häggberg,
wie sieht denn das familienpolitische Konzept der ödp aus, wie unterscheidet es sich von den Konzepten anderer Parteien, wo gibt es Gemeinsamkeiten mit anderen Parteien und welche Möglichkeiten sehen Sie Familienpolitik auf Landes - und Bezirksebene umzusetzen?
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Eschborn
Hallo Herr Eschborn,
danke für die Frage.
Die ödp möchte im wesentlichen die folgenden Punkte: Finanzielle und gesellschaftliche Aufwertung der Familienarbeit durch ein sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt. Es hat ja schließlich Gründe, warum immer weniger Menschen Kinder bekommen. Gerade für die Mütter sind damit erhebliche berufliche Nachteile verbunden, was wiederum zur Abhängigkeit vom Mann führt und sich bis zur Rente fortsetzt. Das jetzige Elterngeld ist im höchsten Grade ungerecht, weil es nur die überdurchschnittlich verdienenden Eltern besser (noch besser!) stellt. Für gering oder gar nicht VerdinerInnen bedeutet es faktisch die Hälfte des Geldes wie bisher. Deshalb strengt die ödp gerade eine Klage gegen das Elterngeld an.
Kinderbetreuung muss in jedem Fall kostengünstig angeboten werden, soll aber kein Zwang sein. Wer sein Kind selbst betreuen will, soll dazu die Möglichkeit haben. Ich denke, es ist keine Lösung die Kinder von klein auf dem Zugriff der Eltern zu entziehen. Die Entscheidung liegt aber bei den Eltern (nicht den Politikern!). Das Erziehungsgehalt kann also auch für eine Betreuungseinrichtung ausgegeben werden. Viele Parteien fordern Ganztagsbetreuung ohne tatsächliche Wahlmöglichkeit.
Was die Rente betrifft, so möchte die ödp die jetzige Generationenrente (Kinder zahlen für die alten Eltern/Großeltern) tatsächlich auch nur noch für Eltern so weiter führen. Wer keine Kinder hat und daher in der Regel besser verdient, soll in einen "Nicht-Eltern-Rententopf" einzahlen, also eine (hauptsächlich) private Vorsorge treffen. Es geht also im Kern darum, die extreme Benachteiligung der Familien auszugleichen. Der Mensch ist nicht nur Spielsteinchen auf dem Wirtschaftparkett mit voller Flexibilität und 150%iger Einsatzbereitschaft. Das unterscheidet uns sicher von anderen Konzepten, die mehr Kinder um jeden Preis fordern. Letztlich nützen mehr Kinder nichts, wenn denen keine Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Es ist mehr eine Frage der (Um)verteiling, nicht der Menschenzahl. Wenn es in Deutschland ein paar weniger Menschen gibt ist das keine Katastrophe, im Gegenteil, wir müssen uns dann nur neue Verteilungskonzepte überlegen.
hier im Hamburger Landesverband diskutieren wir darüber hinaus z.Zt. sehr intensiv die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Lange haben die Menschen den Traum von der Arbeitsfreiheit geträumt, jetzt wird er Realität - und erweist sich als Alptraum - jedenfalls für sehr viele. Schon jetzt leben die meisten nicht von Erwerbseinkommen, sondern von Transferleistungen (Rente, Arbeitslosengeld, Unterhalt usw.). Ich denke, man könnte das BGE gut mit dem Erziehungsgehalt koppeln....
Auf Landes- und Bezirksebene wird in der Tat nicht viel entschieden, das trifft aber auch auf die Bundesebene zu, denn tatsächlich wird das Meiste inzwischen auf EU Ebene geregelt. In vielerlei Hinsicht ein Problem, vor allem weil die EU Komission, die die Gesetze macht, kein demokratisches, sondern ein von Wirtschaftsinteressen gelenktes Gremium ist. Das EU Parlament hat faktisch kaum etwas zu sagen und die Parteien sind alle durch Firmenspenden gefügig gemacht. Das unterscheidet die ödp im Übrigen in erster Linie von anderen Parteien: Wir nehmen keine Konzernspenden. Mich wundert sehr, dass diese Umstände die Menschen so wenig aufregen. Eine Diskussion darüber anzustoßen, wäre schon mal was. Egal auf welcher Ebene.
Herzlichst Verena Häggberg