Frage an Valerie Wilms von Dr. Frank B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Wilms,
ich habe heute nach der Meinung des Bundestags mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf eine Standard-Mehrwertsteuererklärung gesucht und habe nichts dazu gefunden (anders als beim Bundesrat, beim dem man neben dem Vorschlag - BR-Drs. 735/13 - auch die extrem kurze Stellungnahmefrist für die Parlamente - BR-Drs. zu735/13 - und die Vorschläge der BR-Ausschüsse für eine Stellungnahme - BR-Drs. 735/1/13 - nachlesen kann). Das Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge (DIP) kannte das Stichwort, gab aber nur den Vorgang beim Bundesrat aus.
Dafür habe ich als Ausschussvorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags eine FDP-Politikerin gefunden.
Sie sind vielleicht nicht die Finanzexpertin Ihrer Fraktion, aber eine der Bundestagsabgeordneten für meinen Wohnort. Daher frage ich Sie:
Beschäftigt sich der Bundestage regelmäßig nicht mit den Eingängen aus Brüssel oder tut er dies nur im Geheimen (was beides erstaunlich wäre - siehe Bundesrat)?
Hat der 18. Bundestag tatsächlich noch keine Ausschüsse gebildet?
Wenn ja, warum nicht? Werden die Abgeordneten noch nicht bezahlt? Oder ist der Bundestag nur mit einer von ihm gewählten Bundesregierung voll arbeitsfähig? Oder sind die Abgeordneten alle in Koalitionsverhandlungen (was nach der Zahl der Delegationsmitglieder und der Zahl der Abgeordneten nicht sein kann)?
Sie sehen: Fragen über Fragen - aber wichtigste lautet: Kann die EU-Kommission derzeit oder gar jederzeit jeden x-beliebigen Richtlinie-Vorschlag einfach so veröffentlichen, ohne dass der Bundestag das merkt oder gar dazu Stellung nimmt?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Bokelmann
Sehr geehrter Herr Dr. Bokelmann,
der Bundestag ist tatsächlich noch nicht arbeitsfähig. Bisher war es üblich, dass die Ausschüsse des Bundestages die Ressorts der Bundesregierung spiegeln. Da wir aber erst nach dem Mitgliederentscheid der SPD (so er denn positiv ausgeht) wissen, wie die Ressorts zugeschnitten werden, bilden sich die Ausschüsse auch erst dann. Das hat die zukünftige große Koalition mit ihrer Mehrheit durchgesetzt und gleichzeitig einen Hauptausschuss eingesetzt. Ich finde das völlig daneben, weil dort jetzt alle Vorlagen aufgehalten werden können. Statt dessen hätten wir die alten Ausschüsse wieder einsetzen und mit der fachlichen Arbeit loslegen können. Aber die neue Mehrheit wollte kein selbstbewusstes Parlament.
Das hat auch Auswirkungen auf die Behandlung von EU-Vorlagen: Weil die Frist von acht Wochen zur Prüfung der Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden muss, müsste der Bundestag auf Antrag einer Fraktion extra zusammen treten, um hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Grundsätzlich werden alle Vorlagen der EU an den Bundestag weiter geleitet und hier in den Ausschüssen behandelt. Diese Vorlagen stehen dann ganz regulär auf der Tagesordnung und werden meistens nur zur Kenntnis genommen, da nicht die Ausschüsse, sondern nur das gesamte Plenum sich zur Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit äußern kann.
Im heute beschlossenen Hauptausschuss werden im Dezember auch EU-Vorlagen behandelt werden. Alle weiteren Vorlagen werden derzeit gesammelt und im Januar in die neu gebildeten Ausschüsse überwiesen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Valerie Wilms