Frage an Valerie Wilms von Antje T. bezüglich Jugend
Guten Tag Frau Wilms,
ich gehöre eigentlich zur grünen Stammwählerschaft. Allerdings irritiert mich in diesem Jahr ganz erheblich, dass die Grünen auf Bundesebene für mein Verständnis nicht genug für die Aufklärung der unsäglichen Forderungen aus den 80er Jahren nach Legalisierung pädophiler Handlungen tun.
Die aktuelle Debatte hat mich daran erinnert, dass ich mich seinerzeit als etwa 16-Jährige erstmals mit den Programmen verschiedener Parteien beschäftigte. Schon damals wunderte ich mich sehr über die Forderung der Grünen, sexuelle Kontakte auch zwischen Erwachsenen und Kindern sowie unter Geschwistern sollten nicht länger als verwerflich bzw. strafbar gelten. Aktuell habe ich leider den Eindruck, dass hier sehr viel relativiert und kleingeredet wird. Ich vermisse eine klare Aussage der Parteiführung im Sinne von "Unsere damalige Forderung war grundfalsch, wir möchten aufklären, welcher Schaden u. U. daraus entstanden ist und wie die Grünen-Mitglieder, die damals derartige Forderungen erhoben haben, heute zur Pädophilie stehen" und tue ich mich dieses Jahr ein bisschen schwer mit meinem Kreuzchen.
Bitte erklären Sie mir doch, wie Sie als die Grünenkandidatin meiner Region hierzu stehen und was Sie in Sachen "Pädophilie-Vergangenheitsbewältigung" unternehmen, damit man wieder ruhigen Gewissens grün wählen kann.
Für eine rasche Antwort wäre ich Ihnen dankbar!
Vielen Dank und freundliche Grüße,
Antje Thiel
Sehr geehrte Frau Thiel,
ganz ehrlich: Ich bin entsetzt, dass solche Positionen damals bei den Grünen geäußert werden durften. Ich selbst bin erst seit 2005 Mitglied und kann deswegen wenig zu den damaligen Verirrungen sagen. Deswegen finde ich es gut, dass meine Partei den anerkannten Politikwissenschaftler Franz Walter mit der Aufarbeitung beauftragt hat und er Zugang zu allen Unterlagen aus der damaligen Zeit hat. Ich will hierzu ein umfassendes Bild haben. Erst dann können und müssen wir Konsequenzen daraus ziehen und entscheiden, ob und wie möglichen Opfern geholfen werden kann. Mir tut es in der Seele weh, was damals geäußert wurde – das hat nichts mit den Grünen zu tun, wie ich sie kenne. Das war völlig falsch verstandene Toleranz. Ich werde alles daran setzen, dass diese Vorgänge durch meine Partei umfassend aufgearbeitet und Konsequenzen gezogen werden.
Hier darf nichts klein geredet werden und nach meinem Eindruck ist das auch nicht der Fall. Bereits im Mai hat Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke erklärt: „Forderungen nach Straffreiheit von Sexualität von Erwachsenen mit Kindern und pädophilen Handlungen waren und sind inakzeptabel und falsch. Wir bedauern, dass es in den Anfangsjahren der Grünen Partei Raum für diese Debatten und Forderungen gab. Das ist ein Fehler, für den unsere Partei ohne Wenn und Aber die Verantwortung trägt.“ Das unterstütze ich völlig.
Ich bitte Sie nun darum, das Gesamtergebnis der Untersuchungen von Herrn Walter abzuwarten. Leider wird das Thema gerade für den Wahlkampf instrumentalisiert. Das aber ist nicht hilfreich bei der Aufklärung.
Mit freundlichen Grüßen
Valerie Wilms