Frage an Valerie Wilms von Peter K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Wilms!
1.Die bisherigen Bundesregierungen haben Kontrolle und Steuerung der Deutschen Bahn durch Abgeordnete stets mit Hinweis auf das AG-Gesetz abgewehrt.Dieses Problem wird im Wahlprogramm leider nicht erwähnt.
Wollen Sie diese Unternehmensform beibehalten ?
2.Wie wollen Sie erreichen,dass die DB-AG Daseinsvorsorge betreibt ?
3.Sie unterstützen das 4.EU-Eisenbahnpacket(S.172) und damit die Aufteilung der DB in zwei völlig getrennte Unternehmen:Netz und Betrieb.Welche Argumente sprechen für die Zerschlagung ?
4.Die Wollen die bundesweite DB-Netze-AG in 16 unabhängige Länderunternehmen aufteilen (S.172). Welche Vorteile sollen sich ergeben,wenn der Konzern schon heute als höchst intransparent gilt ?
5.Im Jahre 2008 haben die Grünen gegen die Teilprivatisierung des Bahnbetriebs gestimmt.Weshalb rücken Sie heute davon ab (S.172)?
6.Würden Sie einen Antrag unterstützen Stuttgart 21 zu beenden,weil das Projekt erhebliche technische Mängel(Rückbau,Gleisneigung,kein Taktfahrplan möglich u.a.) besitzt ?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kasten,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre Feststellungen im Hinblick auf die Intransparenz des Konzerns DB für die gewählten Abgeordneten trifft leider voll zu. Dazu läuft ja von der grünen Bundestagsfraktion eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, um die Auskunftsansprüche endlich zu klären.
Grundsätzlich war eine Bahnreform damals dringend nötig, um das System Bahn für die Zukunft aufzustellen und vor allem auch Wettbewerb zu ermöglichen, wie wir das von anderen Verkehrssystemen auch kennen. Leider ist damals der Weg nicht konsequent gegangen und mit einer strikten Regulierung des natürlichen Monopols Schienennetz verbunden worden, wie es z.B. beim Telefonnetz oder Energienetz gemacht wurde.
Gerade durch die Struktur des integrierten Konzern als AG hat sich das System selbstständig gemacht: Mit den Gewinnen aus dem Betrieb des Monopols Schienennetz über die Trassenpreise werden Investitionen des Konzerns in Europa und Übersee getätigt. Die Aufgabe der DB, Dienstleister für die Speditionen in Deutschland zu sein und das System Bahn im Sinne des EU-Weißbuchs Verkehr als "Autobahn" der Zukunft für Transporte über 300 km zu positionieren, wird sträflich vernachlässigt. Vielmehr wird bei der jetzigen Konzernstruktur versucht, mit dem System Bahn eine Konkurrenz zum Straßentransport aufzubauen, was nicht gelingen kann.
Um das System Bahn zukunftssicher und für alle nutzbar aufzustellen bedarf es daher einer grundlegenden Anpassung der Bahnreform. Das bundeseigene Schienennetz einschließlich der weiteren Infrastrukturanlagen wie z.B. Stationen oder Fahrstromversorgung gehört in eine eigenständige Gesellschaft (GmbH, keine AG), die einer starken Regulierung unterliegt und nicht einen einzigen Nutzer des Schienennetzes bevorteilen kann. Über den Gesellschaftervertrag werden präzise die Aufgaben der Geschäftsführung im Sinne der Daseinsvorsorge festgelegt: Gewinnerzielungsabsicht über eine schwarze Null hinaus wird dabei ausgeschlossen. Die Gesellschafterversammlung wird von der Bundesregierung besetzt und im Aufsichtsrat wird das Parlament mit allen Fraktionen vertreten sein.
Mit dieser Aufteilung des Konzerns DB in die bundeseigene Infrastrukturgesellschaft und die im Wettbewerb stehenden Transportgesellschaften wird erreicht, dass das Bahnnetz wirklich uneingeschränkt für die Daseinsvorsorge zur Verfügung steht.
Eine Aufsplitterung des bundeseigenen Bahnnetzes in lokale Netzbetreiber ist wenig zielführend für ein System Bahn, das als Dienstleister im intermodalen Transportsystem tätig sein will, in Deutschland und Europa. Das ist nur denkbar und ggf. sinnvoll, wo es sich um Teilnetze mit ausschließlich regionaler Bedeutung handelt, wie es im grünen Wahlprogramm auch geschrieben steht.
Stuttgart 21 ist ein Projekt, dass für einen sinnvollen und leistungsfähigen Bahnbetrieb im Raum Stuttgart, wie vielfältige Untersuchungen gezeigt haben, nicht benötigt wird. Mit einem Antrag im Bundestag ist das Projekt aber nicht zu stoppen. Dazu bedarf es der Einsicht beim Bauherrn DB AG, das Projekt zu beenden, und einer Exit-Strategie, um Regressforderungen der Auftragnehmer so gering wie möglich zu halten.
Mit freundlichem Gruß
Valerie Wilms