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Valerie Wilms
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Frage von Harald B. •

Frage an Valerie Wilms von Harald B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wilms,

mit großer Sorge blicke ich in die Zukunft, insbesondere in die meiner Kinder und Enkel!
Wer soll eigentlich die Billionen ( ??.000.000.000.000 EUR) von Haftungs-EUR, zusätzlich zu den rund 2 Billionen bereits bestehender Schulden, einmal bezahlen? Man kann doch nicht „blauäugig“ davon ausgehen, dass dies ja nur Haftungen und noch keine Schulden unseres Landes sind! Welche Generation soll damit belastet werden? Auch Ihre Partei hat ohne direkter Zustimmung des deutschen Volkes diesen Gau- Risiken zugestimmt! (gilt nicht für AfD da bisher nicht im DB) Bitte bedenken Sie: Erst vor drei Jahren (2010) zahlte Deutschland die letzte Reparations-Rate aus dem Versailler Vertrag / ERSTER Weltkrieg, rund vier Generationen danach! (Link s.u.)
Mir erscheint die Haftungs- und Rettungspolitik von Union/ SPD/ FDP/ B.90- Grüne wie ein „…neuer Versailler Vertrag ohne Krieg…, wie R. Augstein im Spiegel 42 /1993 Le Figaro zitierte. (div. Links s.u.)
Wie wollen Sie Ihr Stimmrecht zu diesem wichtigsten Thema unserer Zeit im neuen DB einsetzen?
Diese Frage stelle ich gleichlautend den Kandidaten meines Wahlkreises von CDU, SPD, FDP, B.90-Grüne und AfD.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Beständig

Focus Magazin 17 2011:
http://www.focus.de/magazin/memo/wie-versailles-nur-ohne-krieg_aid_620629.html
zurZeit 40 2011:
http://www.zurzeit.at/index.php?id=1413
Spiegel 42/ 1993, R. Augstein:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13680340.html
Zeit Online, 1. Okt. 2010:
http://www.zeit.de/wissen/geschichte/2010-10/weltkrieg-schulden-deutschland

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Beständig,

Ihre Fragen sprechen verschiedene Probleme an. Zum einen geht es um die Schulden, die Deutschland selbst in den letzten vierzig Jahren angehäuft hat. Wir haben beständig über unsere Verhältnisse gelebt und tun dies bis heute. Trotz sprudelnder Steuermittel wird auch der neue Bundeshaushalt für 2014 die Schuldenlast erneut erhöhen - um voraussichtlich 25 Milliarden.

Unser Vorschlag zur Verringerung der Last für nachfolgende Generationen ist eine Vermögensabgabe. Diese einmalige und zeitlich befristete Vermögensabgabe nach Artikel 106 Grundgesetz soll über mehrere Jahre insgesamt rund 100 Mrd. Euro einbringen. Geld, das ausschließlich in den Abbau der Bundesschulden fließt. Diese Vermögensabgabe wird weniger als 1 % der Bürgerinnen und Bürger mit jeweils einem Nettovermögen von mehr als 1 Mio. Euro treffen. Für Betriebsvermögen begrenzen wir die Abgabe auf maximal 35 % des Gewinns und verhindern, dass Unternehmen in ihrer Substanz getroffen werden. Dieses Instrument des Lastenausgleichs wurde nach dem 2. Weltkrieg beim Aufbau der Bundesrepublik sehr wirksam genutzt, um die Lasten der Gesellschaft solidarisch auf alle entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu verteilen. Dieser solidarische Ansatz ist für mich entscheidend für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft im Hinblick auf ihre Zukunftsfähigkeit. Die Politik kann nicht immer nur neue Ausgaben generieren sondern muss auch bereit sein, den Menschen die Fakten auf den Tisch zu legen und persönliche Beteiligung einfordern.

Bei Ihrer Frage geht es weiterhin um die Rettungsschirme, denen der Bundestag - und auch ich selbst - in der vergangenen Wahlperiode zugestimmt haben. Deutschland ist damit Verpflichtungen und Risiken eingegangen - das kann und will ich nicht wegdiskutieren. Ich habe zugestimmt, weil mir die Alternative dazu als deutlich größeres Risiko erscheint. Das wäre der Zusammenbruch des Euro mit massiven Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft gewesen. Deutschlands Wirtschaft hängt vor allem am Export -und der geht zu fast zwei Dritteln nach Europa. Unser Export hängt an den Ländern, die gerade in der Krise stecken. Wäre der Euro weg, wäre sofort unsere Wirtschaft massiv betroffen und Deutschland ganz schnell kein Hort der Stabilität mehr. Die gründet sich nämlich vor allem auf das exportabhängige Wachstum.

Egal wie man es dreht: Deutschland ist Verpflichtungen eingegangen. Deswegen kommt es darauf an, den Euro zu erhalten und die Volkswirtschaften im Euro-Raum zu stabilisieren. Die Alternative wäre teuer und würde massive Schäden in der deutschen Wirtschaft verursachen. Entscheidend ist jetzt, dass die Grundkonstruktion des Euros, nämlich eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik in Europa zu schaffen und damit den Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa wirksam weiter zu gehen, von den handelnden Eliten auch endlich gegangen wird. Mit nationalen Befindlichkeiten oder sogar in Deutschland mit den Befindlichkeiten und Blockaden durch den Föderalismus kommen wir nicht mehr weiter. Nur ein vereintes Europa mit einer demokratisch legitimierten Europaregierung (anstelle der Verwaltungsbehörde Kommission), die von einem über Europalisten frei gewählten Europaparlament gewählt wird - wie wir es aus Deutschland kennen - wird die Zukunft für die Menschen in Europa in einer globalisierten Welt sichern.

Mit freundlichen Grüßen

Valerie Wilms