Frage an Valerie Wilms von Martin M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Wilms,
mir ist völlig klar, dass nicht zu jedem Zeitpunkt alle Bundestagsabgeordnete im Plenarsaal anwesend sein können. Mir ist auch völlig klar, dass die Arbeit der Abgeordneten zum Großteil in Ausschüssen und nicht im Plenarsaal stattfindet.
Dennoch war ich entsetzt über die Bilder des fast leeren Plenarsaals bei der Abstimmung über das Meldegesetz am 28.06.2012 gegen 20:50 Uhr, und ich möchte gerne nachvollziehen, was genau die Abgeordneten meines Wahlkreises zu dieser Zeit gemacht haben und was genau zur Abwesenheit von 593 Abgeordneten führte.
Bitte teilen Sie mir doch mit, womit Sie zum Zeitpunkt der Abstimmung des “TOP 21 Fortentwicklung des Meldewesens” beschäftigt waren.
Für Ihre Antwort bedanke ich mich höflich im voraus.
Mit freundliche Grüßen
Martin Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
der Beschluss des Meldegesetzes war sicherlich nicht gerade eine Sternstunde des Parlamentarismus. Ich kann mich hierbei natürlich auch an die eigene Nase fassen, denn ich war auch nicht im Plenum, sondern habe im Büro zwischen Parlamentsfernsehen und Deutschland-Italien herum geschaltet und nebenbei Post bearbeitet.
Ich will mich nicht herausreden und werfe meinen Kollegen auch nicht vor, dass sie mich nicht ausreichend auf die Probleme mit dem Gesetz aufmerksam gemacht haben. Unsere Arbeitsweise hier stützt sich sehr auf kollegiale Zusammenarbeit, denn es ist schlicht unmöglich, in alle Themen und Papiere den gleichen Einblick zu haben. Deswegen sind die Zuständigkeiten fachlich aufgeteilt. Wir informieren uns gegenseitig über die wesentlichen Inhalte und schlagen ein Votum vor - dem die Kollegen folgen können, aber nicht müssen. Auch ich habe schon mehrfach viel Zeit in Anträge oder Gesetze in meiner Zuständigkeit gesteckt, dafür aber dennoch keine Aufmerksamkeit seitens der Kolleginnen und Kollegen oder der Medien bekommen, weil andere Themen - wie ein Fußballspiel oder die Euro-Krise - alles auf sich ziehen.
Im Grunde müssen wir uns im Bundestag Gedanken über unsere Arbeitsweise machen. Das Problem ist letztendlich, dass es zu viele Anträge gibt, für welche die Zeit einfach nicht ausreicht. Debatten zu Protokoll sollen eigentlich eine Ausnahme sein, inzwischen haben sie jedoch überhandgenommen: An manchen Sitzungstagen gibt es genau so viele Anträge nur zu Protokoll, wie jene, welche im Plenum tatsächlich debattiert werden. Würden wir uns hier nur eine halbe Stunde Zeit für jeden Antrag nehmen, müssten wir wahrscheinlich 24 Stunden debattieren. Wir müssen also entweder die Anzahl der Themen beschränken oder die Anzahl der Sitzungswochen erhöhen oder beides kombinieren.
Ich hoffe sehr, dass wir uns jetzt hier ein paar neue Regeln geben und damit das einlösen, was die Menschen von uns erwarten: Dass wir uns hier richtig in unsere Arbeit reinhängen und auf die wichtigsten Fragen eine Antwort finden. Dann ist es den Menschen auch nicht so wichtig, wie viele gerade im Plenum sitzen.
Ich kann Ihnen anbieten, mich bei Interesse einmal hier im Bundestag zu besuchen. Mein Wahlkreisbüro organisiert Fahrten, bei denen man sich genauer vor Ort informieren kann. Bitte melden sie sich in meinem Wahlkreisbüro in Pinneberg, wenn Sie Interesse haben.
Mit freundlichen Grüßen
Valerie Wilms