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Valerie Wilms
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Sebastian B. •

Frage an Valerie Wilms von Sebastian B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Dr. Wilms,

aktuell stehen Sie, wie alle grünen Abgeordneten, vor einer Gewissensfrage: Ihre Parteispitze will dem Merkelschen sog. "Atomausstieg" zustimmen und damit die konsequente Energiewende hin zu 100% Erneuerbarer Energie in Deutschland bis 2022 verzögern, erschweren und deckeln; dagegen will Ihre grüne Basis (zusammen mit über 80% aller Menschen in Deutschland!) die schnellstmögliche Energiewende und das Stillegen ALLER Atomkraftwerke in Deutschland innerhalb der nächsten Legislaturperiode, also bis längstens 2017 (was realistisch möglich ist laut Umweltbundesamt, Greenpeace, SolarFörderVerein Aachen, BEE und vielen anderen ernstzunehmenden Konzepten).

Werden Sie Ihrem Gewissen und dem Mehrheitswillen der Deutschen folgend auf dem Parteitag die grünen Kernwerte hochhalten und gegen den faulen Kompromißwillen Ihrer Parteispitze eintreten? Werden Sie für die Stillegung aller deutschen AKWs bis spätestens 2017 kämpfen?

Bitte erläutern Sie mir Ihre Entscheidung und die wesentlichen Beweggründe, damit ich Sie, falls nötig, mit guten Argumenten für eine wirklich grüne Politik gewinnen kann.

Mit herzlichen Grüßen,
Sebastian Büttner (50), Dipl.-Ing. mit drei Kindern

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Büttner,

vielen Dank für Ihre Mail.

Ja, ich habe eine Gewissensentscheidung gefällt – und aus tiefster Überzeugung zugestimmt, denn dies besiegelt einen historischen Sieg der Grünen: Die acht unsichersten Atomkraftwerke werden per Gesetz endgültig abgeschaltet und die schwarz-gelbe Koalition nimmt ihre erst vor einem halben Jahr beschlossene Laufzeitverlängerung zurück. Selbst härteste Befürworter der Atomkraft haben ihren Irrtum erkannt und einem endgültigen Ausstieg zugestimmt - nachdem sie uns jahrelang aggressiv bekämpft haben oder als Spinner bezeichnet haben.

Auf dem Sonderparteitag in der letzten Woche habe ich deswegen auch für die Zustimmung geworben. Ich bin stolz, in einer Partei zu sein, die ihre Basis einbezieht und damit Debatten öffentlich führt, die unsere ganze Gesellschaft bewegen. Ich kann verstehen, dass viele lieber heute als morgen auf Atomkraftwerke verzichten wollen. Auch ich will das. Nur muss man ganz klar erkennen: Um das durchsetzen zu können, bräuchten wir eine absolute Mehrheit – aber die ist weder jetzt möglich noch nach der nächsten Bundestagswahl zu erwarten.

Gestern ging es darum, einen breit getragenen Beschluss des ganzen Bundestages zu erreichen und damit den Willen aus der Bevölkerung aufzugreifen, endlich klar auszusteigen aus der Atomkraft und damit diesen jahrzehntelangen Streit zu befrieden. Trotzdem knallen bei den Grünen jetzt keine Sektkorken. Bitter ist vor allem, dass nach Tschernobyl noch eine Atomkatastrophe notwendig war, um die Befürworter zur Umkehr zu bewegen. Nach diesem Beschluss müssen wir die historische Chance jetzt nutzen und ohne jede Häme die Energiewende hinbekommen – denn da gibt es noch verdammt viel zu tun.

Mit freundlichen Grüßen
Valerie Wilms