Frage an Valerie Wilms von Gerd M. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Frau Dr. Wilms,
nachdem gelegentlich von verschiedenen Seiten ein Pflichtkindergarten- oder Pflichtvorschuljahr zur Diskussion gestellt wird, bitte ich Sie um eine persönliche Stellungsnahme zu diesem Thema. Unterstützen Sie solche Forderungen und würden Sie solches mittragen?
Als zweiter Aspekt werden - zunehmend auch von renommierter Seite - Forderungen nach einer Abschaffung des Schulzwangs in Deutschland lauter. Eine Vielzahl an europäischen Ländern kennt einen solchen Zwang nicht, wodurch sich so manche Schülerschicksale vermeiden lassen. Sogenannte Homeschooler-Familien werden hierzulande kriminalisiert, obwohl die Erfahrungen auf keinerlei daraus resultierende Bildungs- und Sozialdefizite hinweisen. Unter welchen Umständen wären Sie bereit, eine Aufweichung oder Abschaffung des Schulzwangs zu unterstützen?
Mir ist bewusst, dass diese Fragen teilweise Landesentscheidungen darstellen, jedoch erscheint mir eine Lenkungswirkung durch die Bundesebene gegeben, so dass mich diese Themen auch für die Bundestagswahl stark beschäftigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerd Mertins
Sehr geehrter Herr Mertins,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Kindergärten und Vorschulen sind sehr sinnvolle Einrichtungen, um den Kindern einen frühen Zugang zu Bildung zu geben und Lernmöglichkeiten im Bereich des sozialen Verhaltens zur Verfügung zu stellen. Dieses wird angesichts des Bildungsumfanges immer wichtiger. Das wird auch von den Eltern erkannt, wie die Nachfrage nach Kindergartenplätzen zeigt. Voraussetzung für die Umsetzungen dieser Aufgabe ist eine angemessene Ausstattung der Einrichtungen mit pädagogisch qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern. Darum streben wir Grüne die Aufwertung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern hin zu einem Studium an.
Die Bildung unserer Kinder ist für Deutschland ein wesentlicher Baustein, um im wirtschaftlichen Wettbewerb auch weiterhin erfolgreich dazustehen. Die Pisa-Studien haben gezeigt, dass gerade die frühe Selektion dazu nicht hilfreich ist. Ein Verzicht auf die Schulpflicht wäre kein geeigneter Weg, um unseren Kindern ausreichende Bildung zu ermöglichen. Ergänzend sind sicherlich auch andere Schulträger anstelle des Staates möglich, wenn dort das den Kindern eine gleichwertige Bildung gegeben wird. Dieser Weg wird gerade im Landesteil Schleswig durch die dänischen Schulen erfolgreich begangen.
Entscheidend aus bundespolitischer Sicht ist für mich im Bildungsbereich, dass endlich eine Lösung gefunden wird, um Eltern mit schulpflichtigen Kindern einen Wohnortwechsel in der gesamten Bundesrepublik ohne wesentliche Nachteile zu ermöglichen. Es darf nicht angehen, dass z.b. ein Zuzug aus Nordrhein-Westfalen nach Schleswig-Holstein mit einem Kind in der Oberstufe des Gymnasiums nur dadurch nicht möglich wird, weil das Kind dann hier nicht zum Abitur zugelassen wird. Darum muss die Fehlentwicklung durch die letzte Föderalismusreform dringend rückgängig gemacht und eine Rahmenkompetenz des Bundes im Bereich der Bildung geschaffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Valerie Wilms