Sollte die Polizei ihr Handeln bei Demonstrationen von einer inhaltlichen Bewertung der Demonstration abhängig machen
Am 13. Januar haben einige Dutzend Medizinstudenten vor dem Dresdner Universitätsklinikum gegen die „Corona-Spaziergänge“ demonstriert. Zu dieser Zeit galt nach der Corona-Verordnung in Sachsen eine Teilnehmerhöchstzahl von 10 Personen. Deswegen habe die Polizei nach Berichten Strafanzeigen gegen die Teilnehmer gefertigt.
In der Pressemitteilung Ihrer Fraktion vom 14. Januar verurteilen Sie, dass die Polizei den „friedlichen Protest“ der Medizinstudenten vor dem Uniklinikum vom Vortag „drangsaliert“ habe. Stattdessen sei diese Aktion ein „Zeichen zivilgesellschaftlichen Protestes“ gewesen, das „Anerkennung“ verdiene.
Sie implizieren mit Ihrer Aussage, dass die Polizei prüfen solle, ob das Ziel einer Demonstration „Anerkennung“ verdiene, und dann trotz offenbarer „Illegalität“ nicht einschreiten soll. Interpretiere ich das richtig? Wollen Sie tatsächlich, dass die Polizei Maßnahmen gegen Demonstrationen an einer inhaltlichen Bewertung ausrichtet?
Sehr geehrter Herr P.,
seit Wochen finden sogenannte "Corona-Spaziergänge" auch in Sachsen statt, bei welchen sich die Teilnehmenden zu erheblichen Teilen kaum an die Coronaschutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot halten. Die Polizei ist dagegen nur teilweise vorgegangen und hat sich vielfach auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des polizeilichen Einschreitens berufen, was im Grunde auch richtig ist. Die Polizei hat bei solchen Einsätzen einen Ermessenspielraum, der sich nicht nach einer inhaltlichen Bewertung richtet, sondern den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit folgt. Dies ist auch mein Kritikpunkt zu den Ereignissen am 13.01, denn die Verhältnismäßigkeit, die die Polizei den "Corona-Spaziergänge angedeihen lässt, wollte sie gegenüber dem Gegenprotest nicht walten lassen. Die Polizei hat die Verhältnismäßigkeit eben genau nicht an der inhaltlichen Bewertung festzumachen, sondern diesen Grundsatz gleichförmig anzuwenden.
Wie ich der Presse vom 20.01. (Dresdner Neueste Nachrichten) entnehmen konnte, hat die Polizei ihre Bewertung korrigiert. Im Gespräch mit den Studierenden und dem Innenminister Roland Wöller wurde seitens des Dresdner Polizeipräsidenten Jörg Kubiessa angesprochen die "Prozesse zur Kooperation zu verbessern und andererseits den Kontakt mit der Zivilgesellschaft in schwierigen Situationen zu optimieren". Das begrüße ich ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen
Valentin Lippmann