Sehr geehrter Herr Schulz, befürwortet ihre Partei einen EU-Austritt wie in England (Brexit) und wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Konsequenzen?
Sehr geehrter Herr K.,
ich bedanke mich für Ihre Frage und die Chance, direkt zu diesem wichtigen Thema Stellung nehmen zu können.
Der Kampf gegen rechts und die Anti-AfD-Hysterie laufen immer mehr aus dem Ruder. Dass die AfD eine Reform der Europäischen Union anstrebt, ist nicht neu. Schon bei der Gründung der AfD war der einhellige Tenor, die EU zu reformieren. In einer gelebten Demokratie, wie wir sie in Deutschland haben, darf und muss auch über Europa, dessen Rechtsetzung und Ausgestaltung, gesprochen werden! Der Austritt Großbritanniens war im Lichte einer unkontrollierten Zuwanderung und der permanenten Einmischung in innere Angelegenheiten durch die EU-Kommission nur stringent. Dennoch ist der „Brexit“ keinesfalls mit den Forderungen der AfD im Sinne einer EU-Reform zu vergleichen.
Die AfD weiß sehr wohl um die Stärken aber auch Schwächen Deutschlands im Kanon der „Europäischen Wirtschaftsfamilie“ Bescheid. Wir sind uns auch unserer so wichtigen "mittigen" geographischen Lage und der daraus resultierenden Rolle bewußt.
Der Ansatz, Reformen in der EU voranzutreiben, ist nicht nur legitim, sondern vor dem Hintergrund anhaltender Krisen der letzten Jahre sicherlich auch notwendig. Doch wird der offene demokratische Diskurs, vor allem zu diesem Thema, von den Altparteien vehement abgelehnt. Wenn die EU als Interessens- und Wertegemeinschaft nicht mehr homogen ist, kann man die Auswirkungen nicht ignorieren. Als der größte Nettozahler der EU sollten wir uns nicht mit Scheinverhandlungen zufriedengeben, sondern diesen Umstand bei Verhandlungen in die Waagschale werfen. Doch offensichtlich kann oder will die EU sich nicht reformieren und beharrt auf ihrer überbordenden Bürokratie und das Heben des moralischen Zeigefingers! All das mit der Zustimmung der gegenwärtigen politischen Vertreter Deutschlands.
Durch die Energiepolitik der Ampel, die die selbstgeschaffenen wirtschaftlichen Probleme mit Steuermilliarden subventionieren möchte, sieht man die Hilflosigkeit deutscher Verantwortungsträger. Immer mehr Industriebranchen denken über eine Abwanderung aus dem deutschen Wirtschaftsraum nach. Eine günstige und verlässliche Energieversorgung ist eine der Grundpfeiler der deutschen Wirtschaft und Industrie. Deutschland muss sich seiner Stärken wieder bewusst werden. Die AfD ist somit die einzige demokratische Partei in Deutschland, die diese Probleme uneigennützig und offen anspricht. Daher plädiert die AfD auch für ein überarbeitetes Konzept einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in dem Freihandelsabkommen sowohl die Deutsche als auch die Europäische Wirtschaft stärken und resilient machen. Ein etwaiges Austrittreferendum Deutschlands ist daher auch als ultima ratio einer gescheiterten und blockierten EU-Reform, das als eine Chance auf eine neue Europäische Wirtschaftsgemeinschaft angesehen werden muss.
Auch Alice Weidel spricht in diesem Zusammenhang nicht vom Dexit als solitärem Ereignis, sondern sieht diesen eingebettet in die Schaffung einer Nachfolgeorganisation, einer konsolidierten EWG. Die begründeten Forderungen der AfD zur Wiederherstellung einer echten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ohne kleinkarierter Regelungsmanie durch die EU, die Wiedereinführung einer starken D-Mark durch freie Handel- und Konvertierbarkeit der „deutschen Euros“, eine Renationalisierung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, der Umwelt- und Klimapolitik, der Landwirtschaft, verbundenen mit konkreten Zielvorgaben und Plänen für den Freihandel und internationalen Handelsabkommen müssen wieder im Vordergrund stehen. Wir fordern daher eine breite Bereitschaft der politischen Akteure, sich an einer politischen und wirtschaftlichen Reform der EU unter Federführung Deutschlands zu beteiligen für ein Europa der Heimatländer.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Uwe Schulz