Frage an Uwe Schulz von Markus L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sie gehören dem Ausschuß Digitale Agenda an. Man liest, wie die Digitalisierung in der Arbeitswelt um sich greift. Können Sie kurz skizzieren, welche Ausmaße der Wegfall von Arbeitsplätzen im Zuge dieser Entwicklung haben wird. Man liest so viele Zahlen darüber, in der WELT, in der FAZ ... aber zweistellige Millionen kann ich mir nicht vorstellen. Vielen Dank
Hallo Herr L.,
es gibt tatsächlich eine Menge Zahlen, die durch die Presse geistern. Beratungsunternehmen wie McKinsey und Roland Berger gehen von 10-15 Mio weniger Arbeitsplätzen aus.
Fakt ist, dass es schleichend tatsächlich viele Mio Arbeitsplätze kosten wird, was als Digitalisierung und Automatisierung in den Unternehmen geschieht. Roboti „frisst“ heute schon massenweise Arbeitsplätze in der Produktion. Nicht zu unterschätzen ist der 3D-Druck, mit dem es gelingen wird, Produktionsprozesse schlanker zu gestalten und global durchzuführen, wird sein übriges tun. Was gebraucht wird, sind steuernde Funktionen, einfache Tätigkeiten wird es immer weniger geben. Selbst Amazon könnte seine Auslieferungszentren schon ohne nennenswerte Anzahlen von Packern betreiben - sobald die Logistik 100% steht, wird Amazon das ebenso tun wie andere Lagerhalter und Großversender auch.
Nicht zu unterschätzen ist der dramatische Abbau im Sachbearbeiterbereich in Buchhaltungen, bei Versicherungen etc. Durch KI ist es möglich, auch komplexere Schadensfälle oder Rechnungsbearbeitungen durch Computer machen zu lassen. Das nehme ich bei meiner privaten Krankenversicherung übrigens deutlich wahr. Schon seit Jahren erfolgen übrigens Job-Auslagerungen in dem gesamten Segment bereits nach Osteuropa und Indien. Eine überaus große Gefahr ist die ständige Professionalisierung von Übersetzungs-Software. Nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich. Und wir werden sehen, dass selbst beratungsintensivere Dienstleistungen Online dann überhaupt nicht mehr aus Deutschland betreut werden müssen.
In der WELT am SONNTAG vom 18.8. ist übrigens ein Beitrag erschienen, der genau diese Gefahr beschreibt. Der Ökonom Richard Baldwin trifft sehr negative Voraussagen über die Vernichtung der Mittelschicht, deren Jobs durch Roboter und Algorithmen immer mehr in Gefahr geraten.
Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren…. ja, auch ich befürchte einen 2-stelligen Mio Abbau von Arbeitsplätzen und würde den Zeithorizont schleichend bis 2030-2035 skizzieren.
Beste Grüße aus Gießen
Uwe Schulz