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Uwe Schmidt
SPD
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Frage von Ines G. •

Frage an Uwe Schmidt von Ines G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Schmidt,
zur geplanten Einführung der Masernimpfpflicht habe ich folgende Fragen an Sie:
Droht mir und anderen Eltern der Entzug des Sorgerechtes, wenn wir unsere Kinder nicht, bzw. nicht mehr, impfen lassen?
Was ist die Konsequenz, wenn man nicht bereit ist, die vorgesehene Geldstrafe zu zahlen?
Droht mir als Krankenschwester oder auch anderen unter die Impfpflicht fallenden Berufsgruppen Berufsverbot, wenn man sich nicht impfen lässt
Besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien?
Wer übernimmt die Verantwortung, falls Kinder durch Impfungen zu Schaden kommen?
Warum sind Ärzte nicht verpflichtet, Eltern vor der Impfung ausführlich über alle möglichen Komplikationen aufzuklären?
Stimmt es, dass es sich bei einer Impfung rein rechtlich gesehen um eine Körperverletzung handelt?
Stimmt es, dass für die Masernimpfpflicht kein Einzelimpfstoff zur Verfügung gestellt wird und daher gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln geimpft werden muss, auch wenn der Impfling diese Krankheiten bereits durchgemacht hat?
Stimmt es, dass die als Komplikation von Masern gefürchtete SSPE Erkrankung auch gleichzeitig eine Komplikation der Masernimpfung darstellt?
Herzlichen Dank für ihre Antworten,
I. G.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau G.,

vielen Dank für Ihre Fragen zur geplanten Einführung der Masernimpfpflicht.

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen. Die Verbesserung der Impfprävention ist ein wichtiges gesundheitspolitisches Vorhaben, neben zahlreichen weiteren, zu denen wir in dieser Legislaturperiode bereits gesetzgeberische Maßnahmen umgesetzt haben.

Ich meine, dass die individuelle Entscheidungsfreiheit dort ihre Grenze finden muss, wo die Gesundheit und sogar das Leben anderer gefährdet ist und andere geeignetere Mittel nicht zur Verfügung stehen.

Von einer Masernerkrankung sind besonders häufig Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Sie tragen auch ein erhöhtes Risiko dafür, dass eine Maserninfektion zu schwerwiegenden Komplikationen führt und müssen besonders häufig wegen einer Masern-Erkrankung stationär behandelt werden. Durch eine vorübergehende Immunschwäche kommt es nach einer Masernerkrankung zu anderen Erkrankungen wie z.B. Durchfall, Mittelohrentzündung, Hörschäden, Lungenentzündung und Gehirnentzündung. Bei 10 von 10.000 Masern-Erkrankten entwickelt sich in Folge der Erkrankung eine Gehirnentzündung. Etwa zwei bis drei Betroffene behalten schwere Schäden wie geistige Behinderungen und Lähmungen zurück.

Als Spätfolge kann die so genannte subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten, eine schwere und stets tödlich verlaufende Gehirnerkrankung. Eine SSPE entwickelt sich bei zwei bis sechs von 10.000 Kindern, die zum Zeitpunkt der Maserninfektion jünger als 5 Jahre alt sind.
Die Wahrscheinlichkeit, an Masern zu sterben, liegt bei 1 Todesfall pro 1.000 Masernerkrankte. Gegen die Masern-Erkrankung selbst gibt es keine Behandlung. Masern sind extrem ansteckend. Ohne Impfschutz infizieren sich etwa 95 von 100 Menschen, wenn sie Kontakt zu einem Erkrankten hatten. Sowohl für den individuellen Schutz jeder und jedes Einzelnen als auch für den Gemeinschaftsschutz zugunsten von Menschen, die nicht geimpft werden können, brauchen wir eine ausreichende Masern-Impfquote.

Eine Maserimpfpflicht kann helfen, Impflücken zu schließen. Manche mögen diesen Schritt als Bevormundung empfinden, aber es geht hier nicht nur um dem Schutz jedes Einzelnen, sondern um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Ein ausreichender Impfschutz kann unnötiges Leid vermeiden.
In der Tat gibt es in Deutschland derzeit keinen zugelassenen Einfach-Impfstoff gegen Masern. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren damit auseinandersetzen müssen, was das für die beabsichtigte Masern-Impfpflicht bedeutet. Impfstoffe werden wie alle anderen Arzneimittel in Deutschland durch den jeweiligen Hersteller und nicht etwa den Bundesgesundheitsminister in den Verkehr gebracht. Es kommt also darauf an, ob und wann ein Hersteller die Zulassung für einen Einfach-Impfstoff gegen Masern bei der zuständigen Arzneimittelbehörde beantragt und erhält.

Die verfügbaren Kombinationsimpfstoffe sind wirksam und gut verträglich. Von 10.000 Geimpften entwickeln etwa 500 bis 1.500 allgemeine Beschwerden wie leichtes bis mäßiges Fieber, Kopfschmerzen, Mattigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei etwa 500 Geimpften entwickelt sich an der Einstichstelle in den ersten drei Tagen nach der Impfung eine Rötung oder Schwellung. Etwa 10 Tage nach einer MMR-Impfung bekommen 200 bis 500 von 10.000 Geimpften für wenige Tage einen masernähnlichen Hautausschlag, der auch „Impfmasern“ genannt wird. Dieser kann mit mäßigem Fieber einhergehen. Impfmasern sind nicht ansteckend. Nach einer MMR-Impfung tritt extrem selten, in weniger als 1 von 10.000 Fällen, eine allergische Reaktion auf.

Niemand bestreitet, dass eine Masernimpfung eine unerwünschte Reaktion oder Nebenwirkung zur Folge haben kann. Das Risiko einer schwerwiegenden Komplikation im Zusammenhang mit einer Masernimpfung ist aber sehr gering, im Gegensatz zum Risiko, ungeimpft schwer an Masern zu erkranken. Das Paul-Ehrlich-Institut prüft und bewertet fortlaufend anhand aktueller wissenschaftlicher Daten den Nutzen und das Risiko von Impfstoffen und dokumentiert jährlich die Meldungen des Verdachts einer Impfkomplikation oder einer Nebenwirkung nach Impfung. Nach Bericht des PEI wurde SSPE als Nebenwirkung der Masernimpfung diskutiert. Fallzahlen dazu gibt es in Deutschland nicht. Die Sicherheit der Impfstoffe wird auch Thema der Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss im Oktober sein.

Selbstverständlich droht nicht der Entzug des Sorgerechtes, wenn Sie Ihre Kinder nicht impfen lassen. Sofern vor der Aufnahme eines Kindes in eine Kindertagesstätte oder Kindertagespflege der Nachweis einer Schutzimpfung, Immunität oder medizinischen Kontraindikation nicht erbracht wird, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Das Sorgerecht wird nicht tangiert.

Der Verstoß gegen die Pflicht, eine Schutzimpfung, Immunität oder medizinische Kontraindikation nachzuweisen, ist eine Ordnungswidrigkeit und wird mit einer Geldbuße geahndet. Wird diese nicht gezahlt, kann sie im Wege der Verwaltungsvollstreckung beigetrieben werden.

Zu Ihrer Frage, ob in Deutschland die Möglichkeit besteht, dass ungeimpfte Kinder von Polizisten aus der Kindertageseinrichtung abgeholt werden, wie in Italien. Kann ich Sie beruhigen. Verhaftungen sind innerhalb des Rechts der Ordnungswidrigkeiten nicht zulässig. Für Kinder, die bereits in einer Kindertageseinrichtung betreut werden, ist nach entsprechender Aufforderung der Impfschutz, die Immunität oder die medizinische Kontraindikation ebenso nachzuweisen, wie für Kinder vor Erstaufnahme. Wenn der Nachweis nicht vorgelegt wird oder sich aus diesem Nachweis ergibt, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann, hat das Gesundheitsamt die Möglichkeit, die Eltern zu einer Beratung zu laden. Wird der Nachweis auch danach nicht erbracht, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Kinder ohne ausreichenden Masernimpfschutz dürfen zukünftig nicht in eine Kindertageseinrichtung aufgenommen oder dort nicht betreut werden. Es besteht insoweit ein gesetzliches Verbot für die Einrichtungsleitung, das nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ebenfalls bußgeldbewährt ist.

Die Erteilung eines Verbotes an Personen, die in einer im Gesetzentwurf beschriebenen Einrichtung beruflich tätig sind, stellt einen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung (Artikel 12 Absatz 1 GG) dar. Dieser Eingriff ist zum Zwecke des öffentlichen Gesundheitsschutzes gerechtfertigt.

Unser Ziel ist es, einen besseren individuellen Schutz insbesondere von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht geimpft werden können, sowie einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen zu erreichen. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes verhindert die zweifache MMR-Impfung bei 93 bis 99 Prozent der Geimpften den Ausbruch einer Erkrankung und führt bei diesen erfolgreich Geimpften in der Regel zu lebenslanger Immunität. Eine Antikörpertiterbestimmung führe dagegen, so das Robert-Koch-Institut, nicht immer zu einem eindeutigen Ergebnis und sei deshalb als Entscheidungskriterium für Immunität schlechter geeignet als der Nachweis einer zweimaligen Masernimpfung.

Der Deutsche Bundestag wird die parlamentarischen Beratungen zum Entwurf eines Masernschutzgesetzes der Bundesregierung an diesem Freitag aufnehmen und sich intensiv mit den Regelungen des Gesetzentwurfes auseinandersetzen. Wir werden dazu am 23. Oktober eine öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss durchführen und auch die Fragen zum Nutzen-Risiko-Verhältnis mit den Expertinnen und Experten, beispielsweise vom Robert-Koch-Institut oder dem Paul-Ehrlich-Institut, beraten.

Wir brauchen weiterhin deutlich mehr Information und Aufklärung über die Masern-Erkrankung und die Impfung, um Menschen, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, stärker als bisher anzusprechen. Dazu enthält der Gesetzentwurf konkrete Regelungsvorschläge.

Mit bestem Gruß
Uwe Schmidt

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