Frage an Uwe Kekeritz von Paierl K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Uwe Kekeritz,
ich stelle folgende Frage:
"Bedingen sich Bevölkerungsentwicklung und Lebensqualität gegenseitig?"
Wie bewerten Sie z.B. einen grenzenlosen Zuzug nach Deutschland?
a) als eine Maßnahme zur Steigerung der Lebensqualität aller in Deutschland lebenden Schichten?
b) als eine Maßnahme zur
- Erhöhung des Konkurrenzdrucks unter Sozialhilfebedürftigen, Arbeitslosen, Arbeitssuchenden, wenig qualifizierten Arbeitnehmern ... einerseits und
- Verbesserung der Wertschöpfung bei langfristig finanzkräftigen Auftraggebern von Dienstleistungen wie Besuche von Hotels, Gastronomie, Freizeitparks, Inanspruchnahme von Pflegediensten, Putzhilfen ... andererseits
c) als eine Maßnahme zur
Verknappung von natürlich begrenzten Gütern wie Boden, Wohnraum ... zur Verbesserung der finanziellen Situation von Maklern, Wohnungsbaugesellschaften ...
d) als eine Maßnahme zur
Verbesserung der finanziellen Situation von "Kopfsteuer" beziehenden Einrichtungen wie Rundfunkanstalten, Krankenkassen, Gemeindekassen, ...
c) als eine Maßnahme
zur gerechten Verteilung einer wachsenden Weltbevölkerung. Hier dürfen sich die Deutschen nicht verweigern und müssen aus Solidarität auch auf Teile ihres Bestandes verzichten, indem der Deutsche mit dem Zuzug zum Aufteilen verpflichtet wird.
Vielleicht finden Sie ja Zeit zur Beantwortung ... wenn nicht, dann nehmen sie die Frage als Gedankenanstoß und ich wünsche eine schöne Zeit.
Gruß
Kurt Paierl
Sehr geehrter Herr Paierl,
ich versuche zu Ihrem umfangreichen Fragenkatalog möglichst knapp Stellung zu nehmen.
Natürlich stehen Bevölkerungsentwicklung und Lebensqualität in einem Zusammenhang. Überbevölkerung stellt uns global und in einzelnen Ländern vor enorme Herausforderungen. Viele Staaten, v.a. in Entwicklungsländern, sind mit hohen Geburtenraten konfrontiert und können mit ihren derzeitigen Kapazitäten in Wirtschaft und Verwaltung die Versorgung der Menschen nicht im nötigen Maß gewährleisten. Auf der anderen Seite müssen Staaten, meist in den Industrieländern, mit sinkenden Geburtenraten und damit bedingter Knappheit an Arbeitskräften im erwerbsfähigen Alter umgehen lernen. Beides ist kein guter Gleichgewichtszustand. Migrationsbewegungen sind daher ein Weg, wie sich das Gleichgewicht wieder einstellen könnte, aber sicher keiner der anzustreben ist. Die Entwicklungspolitik, in der ich mich hauptsächlich bewege, ist hier daher skeptisch. Vielmehr muss es der Weltgemeinschaft gelingen, jene Länder mit hoher Bevölkerungsdichte auf einen Entwicklungspfad zu bekommen, der nach aller Erfahrung auch zu einer Abnahme der Geburtenzahlen beiträgt und gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen verbessert: Dazu sind Programme zur Geburtenkontrolle genauso wichtig, wie funktionierende Sozial- und Gesundheitssysteme.
Daher strebt auch niemand einen "grenzenlosen" Zuzug nach Deutschland an, er würde die Probleme in den Entwicklungsländern wie bei uns ja auch gar nicht lösen. Das Instrument hierfür ist vielmehr ein kohärentes Einwanderungsrecht, das auch Grenzen der Zuwanderung aufzeigt und klare Bedingungen für die Einwanderung vorgibt (u.a. sprachliche und berufliche Fähigkeiten).
Wichtig ist aber zu unterscheiden zwischen Migration und Flucht. Bei Migration kann und muss die aufnehmende Gesellschaft die Frage stellen, was der/die Zuwander/in zur Gesellschaft beiträgt - und im Zweifel das Ersuchen auch ablehnen. Bei Flucht, bspw. wegen Bürgerkrieg oder Naturkatastrophen, stellt sich die Frage genau anders herum: Wie können wir helfen? Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob und wie Flüchtlinge zu Zuwanderern werden können oder sollen bzw. ab wann - weil die Fluchtgründe bspw. immer noch andauern - es geboten ist, Flüchtlingen mit einer von vorneherein begrenzten Dauer des Aufenthalts (in der Regel wird spätestens nach drei Jahren geprüft, ob weiterhin ein Aufenthalt in Deutschland nötig ist), doch einen dauerhaften Aufenthaltsstatus zu gewähren.
Ihr Fragen zur Verteilung von natürlichen bzw. gesellschaftlichen Ressourcen darf und muss ein Kriterium sein für die Frage von Zuwanderung im oben dargestellten Sinn. Im Bereich Flucht und Asyl verpflichtet uns hingegen unser Grundgesetz sowie alle mir bekannten moralisch-ethischen "Glaubenstexte" und Grundlagen unseres Zusammenlebens, Hilfe zu leisten, wo Hilfe nötig ist. Mit so wenig Lasten wie möglich, aber so viel Freigebigkeit wie nötig. Hilfe zur Selbsthilfe, und Unterstützung möglichst am Herkunftsort, besser noch präventive Maßnahmen gehen hier vor der Aufnahme weit weg von der Heimat, die kein Mensch gerne und unter hohen persönlichen wie finanziellen Kosten verlässt. Dennoch ergeben sich auch hier - wie es der Bundespräsident auch ausgedrückt hat - irgendwann faktische Grenzen. Das zu bestreiten wäre genau so absurd, wie zu behaupten, diese wären schon jetzt oder absehbar erreicht. Solange jedoch die reichen Industrieländer, vorne dabei Deutschland, mit Waffenexporten zu kriegerischen Auseinandersetzungen beitragen (und daran kräftig verdienen), solange eine Handelspolitik Entwicklungschancen für arme Staaten verhindert, solange wir Entwicklungszusammenarbeit nach dem Motto leisten, was bringt das der deutschen Wirtschaft und nicht, was bringt es den Menschen vor Ort, wäre es moralisch verwerflich, Hilfe und Aufnahme zu verweigern.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen meine Position verständlich gemacht zu haben und verbleibe mit dem Hinweis auf meine Broschüre zum Thema Fluchtursachen ( http://www.uwe-kekeritz.de/wp-content/uploads/2016/06/Fluchtursachen-bek%C3%A4mpfen-06-2016-web.pdf ) sowie
mit freundlichen Grüßen
Uwe Kekeritz