Frage an Ute Vogt von Anna B. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Frau Vogt,
es geht mir um die nationale Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie (TPR).
Immer wieder lese ich von Abgeordneten, dass sie auf andere Abgeordneten verweisen, die mehr Ahnung darüber hätten.
Frage 1: Ist es nicht so, dass alle Abgeordneten im Bundestag über ein solch wichtiges Thema abstimmen müssen? Wenn ja, wird dann einfach nach Bauchgefühl oder Hörensagen die Stimme abgegeben?
Frage 2: informieren sich die Abgeordneten eingehend über mehrere unabhängige Portale? Ärzte, die im Internet darüber schreiben, wissenschaftlich fundierte Studien?
Und ich lese auch immer wieder, dass das deutsche Krebsvorschungsinstitut herangezogen wird um seine Meinung zu bilden.
Frage 3: Gibt es eine wissenschaftlich fundierte Studie vom deutschen Krebsvorschungsinstitut oder berufen sich die Abgeordneten immer nur auf die Stellungsnahme desselben, das ja nur mal eine Meinung darstellt (es könnte sein, es ist möglich....) aber noch lange keine richtige Studie?
Frage 4: Können sie mir einen Link zu einer solchen Studie geben? Ich finde keine. Frage 5: Gibt es noch andere Studien und welche haben sie gelesen?
Ich selbst konnte auf folgender Seite "echte" Studien und gutes Infomaterial finden: http://blog.rursus.de/2015/07/liste-der-studien-zum-thema-e-zigarette-stand-juli-2015/ und http://ig-ed.org/wp-content/uploads/2015/03/vapebriefing-D1.pdf und http://www.biomedcentral.com/1741-7015/12/225
Die Pharma- und Tabakindustrie hat sehr großes Interesse daran diese E-Zigarette vom Markt stark einzuschränken.
Frage 6: Kann ich darauf vertrauen, dass sich Politiker wirklich unabhängig von dieser Lobbyarbeit ihre Meinung bilden? Bitte beantworten sie mir doch alle meine Fragen und ich hoffe, dass sie sich nicht so verhalten wie manche andere Abgeordneten, die nur eine Standardantwort schreiben. Es hängen von dieser Entscheidung ja Menschenleben ab.
Freundliche Grüße
A. Becker
Sehr geehrte Frau Becker,
danke für Ihre Fragen.
Der Bundestag ist ein Arbeits- und Redeparlament. Die Arbeit organisiert sich in Ausschüssen. In diese entsenden die Fraktionen ihre Expertinnen und Experten. In den Ausschüssen werden Gesetzesentwürfe beraten und diskutiert. Dort finden Anhörungen mit Sachverständigen und die fachliche Detailarbeit statt. In den Ausschüssen werden Beschlussempfehlungen und Vorlagen zu Gesetzentwürfen erarbeitet, die im Plenum dann allen Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt werden. Wenn Abgeordnete also auf Kolleginnen oder Kollegen verweisen, dann verweisen sie auf die jeweiligen Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker ihrer Fraktion.
In der Tat stimmen im Plenum alle Abgeordneten über alle Vorlagen ab. Grundlage für die Stimmabgabe ist die sach- und fachkundige Information. Für unsere Meinungsbildung und Entscheidungsfindung ziehen wir generell nicht nur einzelne, sondern eine Vielfalt von wissenschaftlichen Untersuchungen sowie Gutachten, Stellungnahmen und Positionspapieren von unterschiedlichen Organisationen und Instituten heran. Dazu zählen auch Veröffentlichungen, die im Internet zu finden sind. Zusätzlich zu Anhörungen führen wir Fachgespräche mit Expertinnen und Experten aus diversen Einrichtungen und Interessenverbänden, die mit einem Thema befasst sind. Darüber hinaus wird über die Gesetzentwürfe und Vorlagen auch in den Fraktions- und sonstigen Gremiensitzungen beraten.
Großen Wert lege ich vor allem auf die Beratung mit Expertinnen und Experten in und außerhalb meiner Fraktion. Denn selbstverständlich können Politikerinnen und Politiker nicht alles wissen, aber ebenso selbstverständlich verfügen Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker über Fachkunde und Kompetenz in ihren jeweiligen Themenbereichen. Es gehört zu unserem Amt als Abgeordnete, kritische Anmerkungen ernst zu nehmen und die Argumente und Bedenken von allen Seiten anzuhören. Sie können darauf vertrauen, dass ich meine Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen und Abwägung aller mir vorliegenden Argumente treffe. Allerdings werden wir nicht immer einer Meinung sein.
Im Rahmen der nationalen Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zunächst den Bundesländern und den betroffenen Fachkreisen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Derzeit befindet sich die Vorlage in der Ressortabstimmung mit den beteiligten Ministerien. Danach erfolgt der Kabinettsbeschluss und daran anschließend wird das parlamentarische Verfahren im Bundestag eingeleitet. Nach der ersten Lesung im Plenum wird der dann vorliegende Gesetzentwurf zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen.
Über die Frage, was „richtige“ oder „echte“ wissenschaftlich fundierte Studien sind, lässt sich trefflich streiten, insbesondere auch im wissenschaftlichen Diskurs. Es gibt aber wissenschaftlich anerkannte allgemeine und empirische Kriterien anhand derer man die Qualität einer wissenschaftlichen Studie beurteilen kann. Hiervon zu unterscheiden ist eine Stellungnahme, die in der Tat eine Meinung äußert, deren Votum aber durchaus nach Bewertung der zu einem Thema vorliegenden Studien erfolgen kann.
Wissenschaft ist ein dynamischer Prozess. Was heute als gesichertes Wissen gilt, kann schon morgen durch neue Erkenntnisse überholt sein. Ihre Stärke gewinnt die Wissenschaft gerade daraus, alles immer wieder zu hinterfragen. Dies zeigt sich auch in der von Ihnen verlinkten “Zusammenfassung für Entscheider“ von Clive Bates. Dort steht in Bezug darauf, welchen Beitrag die E-Zigarette leisten könnte, der Halbsatz „…,falls sich ihre Versprechungen erfüllen.“
Herzliche Grüße
Ute Vogt