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Ute Bertram
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Frage von Sabine S. •

Frage an Ute Bertram von Sabine S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Bertram,

laut einer Meldung des Magazins Focus werden in Deutschland EU-weit die meisten Asylanträge gestellt. Geschätzt 99% der Antragsteller sind dabei über sichere Drittstaaten eingereist, und fallen somit unter Artikel 16a des GG

" (1) Politisch verfolgte geniessen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der EuropäischenGemeinschaft oder aus einem anderen Drittstaat einreist"

Das Gesetz besagt doch sehr klar: " In den Fällen desSatzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegeneingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden."

Hier liegt m.E. ein massiver Rechtsbruch vor! Aus welchen Gründen werden diese Personen nicht unverzüglich zurückgeführt?

Quelle: http://www.focus.de/politik/ausland/fluechtlingskrise-im-news-ticker-in-deutschland-wurden-eu-weit-die-meisten-asylantraege-gestellt_id_6438112.html

http://www.123recht.net/Artikel-16a-Asylrecht,-sichere-Drittstaaten,-sicherer-Herkunftsstaat-__a580__p8.html

Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Schmitz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Schmitz,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die sich auf Artikel 16 a Absatz 2 GG stützt. Diese Vorschrift lautet vollständig:

„Auf Absatz 1 (‚Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.‘) kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.“

Nach der Zuständigkeitsverteilung des GG obliegt den Ländern grundsätzlich der Vollzug auch der Bundesgesetze. Ergänzende Landesregelungen und auch die politische Ausrichtung der jeweiligen Landesregierungen haben allerdings zu einer uneinheitlichen Verwaltungspraxis geführt, bei der sich die Länder oft auch von politischer Opportunität haben leiten lassen. Und soweit es um die Feststellung der sog. „Drittstaaten“ geht, ist Ihnen die politische Auseinandersetzung mit dem Bundesrat sicherlich bekannt.

Da alle an Deutschland angrenzenden Staaten sichere Drittstaaten sind, ist ein auf dem Landweg einreisender Ausländer von der Berufung auf Artikel 16 a Absatz 1 GG ausgeschlossen (BVerfGE 94, 94 f.) Allerdings hat die große Flüchtlingsbewegung von 2015, in der andere europäische Länder Flüchtlinge in großer Zahl unkontrolliert haben passieren lassen, zu einer Aussetzung des Dublin-II-Abkommens geführt, das auf EU-Ebene als „Gegenstück“ zu Artikel 16 a Absatz 2 GG zu verstehen war. In dieser äußerst angespannten Situation war es ein Gebot der Menschlichkeit, die Flüchtlinge nicht pauschal abzuweisen. Dies hat in der zweiten Jahreshälfte 2015 in größerem Maßstab leider dazu geführt, dass Flüchtlinge ohne Feststellung ihrer Identität nach Deutschland kamen. Dieses notgedrungene Versäumnis wird mittlerweile aber insbesondere durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach und nach behoben.

Die Feststellung der Identität (einschließlich der Nationalität) ist jedoch in jedem Fall Voraussetzung dafür, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat überhaupt möglich ist. Verkompliziert bzw. unmöglich wird eine Abschiebung in den Fällen, in denen die Herkunft wegen verlorener oder vernichteter Ausweise unklar ist oder wegen Staatenlosigkeit kein anderer Staat zur Aufnahme bereit ist.

Sie merken jetzt bestimmt, das Problem ist nicht im Hau-Ruck-Verfahren lösbar.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Bertram MdB