Frage an Ute Bertram von Carsten V. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Ute Bertram,
können Sie mir bitte erklären, warum Sie, als meine Wahlkreisabgeordnete aus Hildesheim, der Verseuchung unserer Böden und des Grundwassers durch Chemikalien der Fracking-Prozesskette, sowie der weiteren Verwendung von krebserregendem und bienengefährdendem Glyphosat zugestimmt haben, ohne eine Neubewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung zu verlangen?
Vielen Dank im Voraus!
Sehr geehrter Herr Völkel,
vielen Dank für Ihre Fragen, die allerdings auf unzutreffenden Prämissen beruhen.
Eine Zustimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Bundesberggesetzes mit dem Ziel, die Anwendung der Fracking-Technik vollständig zu untersagen, habe ich deshalb nicht erteilt, weil innerhalb der christlich-sozialen Koalition der Diskussionsprozess über Art und Umfang der Anwendung der Fracking-Technologie noch nicht abgeschlossen ist. Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass die Fracking-Technologie in Niedersachsen seit rund 60 Jahren ohne Probleme angewandt wird. Entscheidend ist für mich, dass der Grundwasserschutz streng beachtet wird und auch die Naturschutzgebiete keinen Schaden nehmen. Diese Sorge besteht vor allem dann, wenn die Fracking-Technologie unter Zusatz chemiekalischer Stoffe angewendet wird.
Den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, im Rahmen der Stellungnahme des Bundestages gegenüber der Bundesregierung zu beschließen, eine „voreilige Neuzulassung“ von Glyphosat zu stoppen, habe ich aus nachstehenden Erwägungen abgelehnt:
Der Wirkstoff Glyphosat ist seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen und wird in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Das wohl bekannteste glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel ist „Roundup“. In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.
Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheits-Organisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten – auch innerhalb der WHO. Die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, und ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht, wird keine Aussage getroffen.
Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Das BfR kommt bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen. Für mich gibt es keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Denn mit seiner Einschätzung befindet sich das BfR im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch alle Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie von Australien, USA und Brasilien die Bewertung des BfR.
Dieser Einschätzung ist auch die European Food and Safety Authority (EFSA) gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln tritt meine Fraktion für ein fakten- und wissenschaftsbasiertes Verfahren ein. Für ein Verbot von Glyphosat sehe ich auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen sachlichen Grund. Deshalb befürworte ich eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen.
Selbstverständlich sind Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden und so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Bertram MdB