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Ute Bertram
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Frage von Thorsten D. •

Frage an Ute Bertram von Thorsten D.

Sehr geehrte Frau Bertram,

ich habe bereits am 30.06.15 Kontakt mit Ihnen aufgenommen. Leider habe ich bis heute keine Antwort erhalten.
Wie sie schreiben haben sie für das 3. Hilfspaket gestimmt. Zu meinen Fragen vom 30.06.15 kommen noch welche hinzu:
-Warum wir den Experten und Ökonomen, die fast einheitlich vor weiteren Finanzhilfen waren kein Gehör geschenkt? Warum immer mehr Geld in ein Fass ohne Boden. Alleine die Annahme durch Verkäufe 50 Mrd. € einzunehmen hat nicht ein Wirtschaftsexperte nur annährend bestätigt. Aber unsere Bundesregierung und Sie glauben daran? Warum?
Manchmal ist es meiner Meinung nach besser ein Ende mit Schrecken zu haben, als Schrecken ohne Ende. Meine Enkel werden noch für die Schulden der Griechen zahlen. Davon bin ich überzeugt. Wenn Sie meine Meinung entkräften können, würde ich mich sehr freuen.
Außerdem gibt es auch noch andere Themen, die wichtiger sind. Warum wird den Flüchtlingen nicht geholfen? Denen geht es wirklich sehr schlecht. Die Flüchtlinge aus dem Balkan mal ausgenommen. Warum sagt da der Bund nicht, wir unterstützen die Länder und Gemeinden mit Geldern??
Wenn für Flüchtlinge mehr meiner Steuern verwendet werden würden, hätte ich nichts dagegen. Das sind Menschen, die vor Leid und Krieg flüchten.
Wie sieht da ihr Engagement aus? Es muss doch möglich sein, dass unser wohlhabendes Land diese Menschen menschenwürdig unterbringt.
Innerhalb von ein paar Tagen ist es ja möglich 26 Mrd. (wie hoch der Deutsche Anteil daran ist, weiß ich nicht) an Griechenland zu bezahlen, da muss es doch möglich sein eine Mrd. für die Flüchtlinge aufzubringen.

Ich hoffe diesmal von Ihnen eine Antwort zu bekommen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Dahl

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Sehr geehrter Herr Dahl,

vielen Dank für Ihre Fragen zum dritten Rettungspaket für Griechenland und der Hilfe für Flüchtlinge. (Soweit ich auf Ihre direkt an mich gerichteten Fragen vom 3. Juli nicht geantwortet habe, hängt dies damit zusammen, dass zu diesem Zeitpunkt die weitere Entwicklung in Griechenland nicht absehbar war.) Wie ich Ihrer Anfrage zunächst entnehmen kann, haben Sie meine Stellungnahme in der Hildesheimer Presse gelesen, so dass Sie die Gründe für meine Zustimmung zum dritten Rettungspaket eigentlich schon kennen. Daher wissen Sie auch, dass ich dem Rettungspaket trotz verbleibender Skepsis zugestimmt habe, weil das Verhandlungsergebnis auch Verpflichtungen Griechenlands enthält, deren Einhaltung engmaschig kontrolliert wird. Alle früheren Vereinbarungen mit Griechenland enthalten nicht diese Stringenz. Damit bleibt eine berechtigte Aussicht, dass das Rettungspaket Griechenland auf einen soliden Weg bringt, auch wenn niemand hierfür gegenwärtig eine Garantie übernehmen kann.

Bei meiner Meinungsbildung habe ich auch kritische und ablehnende Stellungnahmen einbezogen. Doch auch bei anderen Lösungswegen hätten die Frage der Finanzierbarkeit und vor allem die Auswirkungen auf die griechische Bevölkerung im Mittelpunkt gestanden. Ich sehe aber in diesem dritten Rettungspaket den letzten Anlauf, die griechische Staatsschuldenkrise durch solidarisches Handeln der EU bzw. der Eurozone nun in den Griff zu bekommen. Vielen Stellungnahmen aus der Wissenschaft fehlte dieser wichtige politische Aspekt.

Die griechische Regierung hat einen weiten Weg zurückgelegt. Ausgehend von einer Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit hat sie nun sehr konstruktiv an den Gesprächen mit der EU, der EZB und dem IWF teilgenommen und sich zum Grundsatz der Verknüpfung von Hilfen mit der Umsetzung entsprechender Reformmaßnahmen bekannt. Der Erfolg hängt wesentlich davon ab, ob sich die Verantwortlichen in Griechenland die vereinbarten Reformen zu eigen machen und verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Zu den Reformmaßnahmen gehören
• eine grundlegende Modernisierung der Regulierung von Arbeits- und Produktmärkten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltigen Wachstums,
• die Liberalisierung der starken Regulierung der Bereiche Energie, Transport und Wasser,
• Maßnahmen gegen die Korruption in der Verwaltung,
• der Umbau des Renten- und Gesundheitswesens zu einem langfristig tragfähigen System; hierzu gehören auch Maßnahmen zum schrittweisen Abbau der der Frühverrentungen,
• die Errichtung eines unter Aufsicht stehenden Privatisierungsfonds bis zum Jahresende,
• die Wiederherstellung von Liquidität und Kapitalausstattung griechischer Banken, die Abwicklung notleidender Kredite, Verbesserungen des Insolvenzrechts und die Stärkung der Unabhängigkeit der Banken von Einflussnahmen der Politik,
• die Fortsetzung der Reformen im öffentlichen Finanz- und Beschaffungswesen und
• die Modernisierung des Steuerrechts und der Steuererhebung; verabschiedet wurden bereits Maßnahmen zur Abschaffung von Mehrwertsteuervorteilen auf den griechischen Inseln bis 2016.

Das Rettungspaket für Griechenland und die aktuellen Probleme zur Aufnahme von Flüchtlingen in der EU und in Deutschland stehen nicht alternativ zueinander, sondern sind eigenständige Themen, die für sich gelöst werden müssen. Dabei ist das Flüchtlingsproblem, soweit es Deutschland betrifft, primär keine Frage der Finanzierung, sondern organisatorischer Art, weil die gegenwärtigen Personal- und Raumkapazitäten in den Aufnahmelagern und Kommunen nicht ausreichen und offenkundig nicht schnell genug aufgestockt werden können. Beschämend ist aber die Unfähigkeit der EU-Mitglieder, eine gerechte Aufteilung der Flüchtlingszahlen vorzunehmen. Und geradezu abstoßend ist das niederträchtige und auch kriminelle Verhalten von Teilen unserer Bevölkerung, denen Mitmenschlichkeit und Anteilnahme am Schicksal anderer Menschen fremd sind.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Bertram MdB