Frage an Ursula von der Leyen von Georg O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau von der Leyen,
ich bin 74 Baujahr und daher ist für mich die Rente mit 67 und private Vorsorge ein nicht ganz unwichtiges Thema.
Nun lese ich immer wieder vom demografischen Wandel und das dieser daran "Schuld" ist, dass ich und andere meiner Generation privat vorsorgen müssen. Somit soll der Altersarmut entgegengewirkt werden.
Die Argumentation dahinter scheint auf den ersten Blick schlüssig und weil alle Medien diesen Wandel quasi täglich als Schreckgespenst der Rentenkassen darstellen, wagt man selten einen zweiten oder dritten Blick. Schließlich können ja nicht alle Unfug schreiben/ zeigen.
Frau von der Leyen, ist es nicht vielleicht etwas drastisch ausgedrückt, dass allein der Rückgang der Erwerbstätigen die Renten, bzw die Rentenkassen schmelzen lässt?
Ist es nicht so, dass selbst bei einer moderaten Lohnentwicklung über die nächsten Jahre, trotz des Rückgangs der Erwerbstätigen, zumindest ein ein nicht unerheblicher Teil der Ausfälle kompensiert werden?
Wäre es auch nicht sinnvoller den Rest der Lücke zu füllen in dem man die Beitragsbemessungsgrenze DRASTISCH anhebt und Beamte, Selbstständige und freiberuflich tätige Menschen ebenfalls in die Rentenkassen einzahlen zu lassen, als Menschen mit wenig oder durchschnittlichem Gehalt zusätzlich 4% in dubiose Riestersparverträge einzahlen zu lassen?
Über eine Beantwortung meiner Frage(n) würde ich mich sehr freuen.
Hochachtungsvoll
Georg Osburg
Sehr geehrter Herr Osburg,
im Namen der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. Ursula von der Leyen, danke ich Ihnen für Ihre Eingabe vom 21. Januar 2012. Die Ministerin hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Die geforderte Einbeziehung von Selbständigen, Beamten und Abgeordneten in die Rentenversicherung würde den Ausbau der heute schwerpunktmäßig auf Arbeitnehmer ausgerichteten gesetzlichen Rentenversicherung in eine Erwerbstätigenversicherung bedeuten. Solche Veränderungen hätten nicht nur erhebliche Auswirkungen für das Alterssicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für andere öffentlich-rechtliche Alterssicherungssysteme. Da es sich bei der Umwandlung der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Erwerbstätigenversicherung in der Konsequenz um eine Neuordnung der obligatorischen Alterssicherung in Deutschland handeln würde, müsste eine solch weitreichende Entscheidung in einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens eingebettet sein.
Hinweisen möchte ich aber auch auf einen Aspekt, der bei der Diskussion nicht übersehen werden sollte: Zwar spricht insbesondere unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten einiges für eine Einbeziehung der Beamten, Abgeordneten und Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Das für alle Alterssicherungssysteme gleichermaßen bestehende demographische Problem, dass es künftig immer weniger Beitragszahler und immer mehr, zudem immer älter werdende Leistungsbezieher geben wird, lässt sich mit einer solchen Änderung allerdings nicht lösen.
Soweit Sie in Ihrer Anfrage vom 21. Januar 2012 die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung fordern, möchte ich Ihnen abschließend Folgendes mitteilen:
Zu den Grundprinzipien, die die gesetzliche Rentenversicherung von Anfang an geprägt haben, gehört die Begrenzung des in der Rentenversicherung versicherbaren - und damit die Beitragspflicht auslösenden - Verdienstes. Die Beitragsbemessungsgrenze hat vor allem für die Renten- und Arbeitslosenversicherung eine sozialversicherungsspezifische Funktion. Sie wirkt als Beitrags- und auch als Leistungsbemessungsgrenze. Entsprechend dem Versicherungsprinzip entstehen Leistungsansprüche nur bis zur Höhe der geleisteten Beiträge.
Die Begrenzung des versicherbaren Verdienstes durch die Beitragsbemessungsgrenze betont den Charakter der gesetzlichen Rentenversicherung als nur eine der „Drei Säulen“ der Alterssicherung, da alle darüber hinaus gehenden Verdienste grundsätzlich in einer der beiden anderen „Säulen“ - der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge - versichert werden können.
Gegen eine An- oder gar Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die im Übrigen entsprechend der Entwicklung der Bruttolohn- und -gehaltssumme jährlich fortgeschrieben wird, spricht vor allem, dass die An- oder Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze nur vorübergehend die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen würde. Dieser Vorteil wäre jedoch nicht von Dauer, da eine Ausweitung der Beitragsbemessungsgrundlage und der damit verbundene Aufbau höherer Rentenanwartschaften in der vom Prinzip der Äquivalenz von Beiträgen und Leistungen geprägten gesetzlichen Rentenversicherung auch höhere Rentenzahlungen zur Folge hätte.
Eine Erhöhung der Ausgaben der Rentenversicherung bedeutet jedoch ein zunehmendes Risiko für die Einhaltung der bestehenden Beitragssatzziele und kann zu einer Belastung der Lohnnebenkosten führen. Ich hoffe, ich habe mit meinen Ausführungen zur Klärung der Sach- und Rechtslage beitragen können.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Edgar Fichtner