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Ursula von der Leyen
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Frage von Christiane W. •

Frage an Ursula von der Leyen von Christiane W. bezüglich Familie

guten tag

mein partner und ich leben vom höchstsatz bafög, prima sache, über studiengebühren sag ich lieber nix. unsere tochter erhielt für ein jahr 300 euro elterngeld.

1. wie kommen sie auf den gedanken, dass das ein vorteil gegenüber dem früheren erziehungsgeld ist?

2. wie bekämpft das die kinderarmut?

unsere tochter bekommt hartz 4, einen zuschuss für die miete gibt es auch....

3. der hartz 4 satz beträgt auch ohne ihr kindergeld soviel... auch wenn ich also für mein kind kein kindergeld beantrage, wem also nützen diese versteckten gelder?

4. würde es die kinderarmut nicht bekämpfen, wenn das kindergeld im fall von hartz4 empfängern oder studenten nicht als einkommen angerechnet würde, dann könnten sich nämlich die Kinder auch über kindergeld-erhöhungen freuen

wir haben eine mütterinitiative gegründet, teilw. arbeitende mit hartz4-kindern, was sollen wir denn von ihnen halten, bei solch einem gemauschel. damit können sie sich doch nicht rühmen.

bafög, hartz, kinderbetreuungszuschlag, hört sich viel an, miete 550, schulgeld 60, krankenkasse 120, nebenkosten wohnung 70, telefon 50, wenn man dann überlegt, dass ich die woche über in dresden studiere: fahrgeld, büchergeld, materialien für mein kunststudium, da sieht das schon anders aus. kein urlaub am meer, keine super geburtstagsfeten, keine megaweihnachten, kein auto, kein laptop als student, kein ständig frisches obst, keine neue hose, kein lego. ich hoffe, sie können den kindern in ihrer familiären umgebung in die augen schauen, und sich selber während des wahlkampfes und ich hoffe sie ertragen den anblick des erhöhten kindergeldes auf den konten der mittelschicht, freuen sich über das schulterklopfen der juristen die ihnen dankbar für 1600 euro elterngeld sind.

ich wäre ihnen für die beantwortung meiner frage sehr verbunden und bitte sie mir keine politikerfloskeln oder gesetzestexte um die ohren zu hauen.

danke im voraus

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Wacker,

Grund für den Wechsel vom Erziehungsgeld zum Elterngeld waren folgende Erwägungen:

Das Bundeserziehungsgeld hat Eltern eine bedarfsorientierte finanzielle Unterstützung angeboten, die sich am Einkommen orientierte, den Einkommenseinbruch bei Wegfall eines Erwerbseinkommens jedoch nicht vermeiden konnte. Familien in mittleren Einkommensbereichen erreichten trotz Kindergeld nur rund 70%, Familien mit hohen Einkommen rund 60% des vor der Geburt zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommens. Bei den im Jahr 2006 geborenen Kindern haben knapp ein Viertel der Familien (23%) überhaupt kein Erziehungsgeld bekommen und nur etwa die Hälfte aller Eltern hat zumindest länger als sechs Monate den maximalen Erziehungsgeldbetrag von in der Regel 300 Euro monatlich bezogen. Ein Viertel der Eltern erhielt ein gemindertes Erziehungsgeld, die Hälfte von ihnen nur 12 Monate.

Das bisherige Bundeserziehungsgeld hat Müttern und Vätern somit nicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ausreichendem Maße ermöglicht. Es begünstigte eine Rollenteilung zwischen Männern und Frauen, die häufig nicht den Lebenswünschen der Paare entsprach. Bei den betroffenen Familien verursachten die durch das Erziehungsgeld begünstigten längeren Erwerbsunterbrechungen auch auf lange Sicht oft nicht aufzuholende, über den Einkommensausfall hinausgehende finanzielle Nachteile gegenüber kinderlosen Paaren: Je länger und je häufiger die Erwerbstätigkeit ausgesetzt wird, umso schlechter sind die Rückkehrmöglichkeiten, die Karrierechancen und die Altersvorsorge und umso größer ist das Armutsrisiko der Familie.

Längere Erwerbsunterbrechungen werden durchs Elterngeld deswegen nicht unterstützt. Insofern werden Studierende aus Gleichheitsgründen beim Elterngeld nicht anders behandelt als Personengruppen, die aus anderen Gründen kein Erwerbseinkommen vor der Geburt hatten. Die Förderung und Unterstützung im Studium erfolgt vielmehr über andere Leistungen, insbesondere durch das Bafög.

So gibt es beispielsweise seit Anfang 2008 einen Kinderzuschlag im Bafög für alle studierenden Eltern mit einem Kind bis zum zehnten Lebensjahr. Der Zuschlag beträgt für das erste Kind monatlich 113,00 Euro und für jedes weitere Kind 85,00 Euro. Zudem bestehen beim Bafög Hinzuverdienstmöglichkeiten: Wer Bafög bekommt und ein Kind hat, darf zusätzlich zu seinem eigenen Freibetrag anrechnungsfrei für das Kind bis zu 470 Euro hinzuverdienen. Darüber hinaus bekommen Studierende länger Bafög, auch über die Regelstudienzeit hinaus, wenn sie ein Kind erziehen.

Sie beklagen eine Anrechnung des Kindergeldes im Rahmen von ALG II/der Sozialhilfe. Dies begründet sich darin, dass ALG II/ die Sozialhilfe als öffentliche nachrangige Hilfe in einer Notsituation konzipiert ist, wenn und soweit der Hilfebedürftige sich nicht selbst helfen kann oder andere ihm nicht helfen können. Sie kommt daher lediglich insoweit zum Zuge, wie dem Einzelnen keine oder keine ausreichenden Mittel zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. ALG II/ die Sozialhilfe wird also nur nachrangig gewährt. Diesem Grundsatz des Nachrangs entspricht auch die bedarfsmindernde Anrechnung von Kindergeld auf Leistungen des ALG II/ der Sozialhilfe. In Höhe des Kindergeldes ist der notwendige Lebensunterhalt des Kindes gedeckt. Auf diese Anrechnung kann ALG II/ die Sozialhilfe als unterstes Netz der sozialen Sicherung nicht verzichten. Dies gilt insbesondere auch angesichts des Lohnabstandsgebots zu Familien mit geringen Arbeitseinkünften.

Die Anrechnung des Kindergeldes im Rahmen des ALG II/ der Sozialhilfe soll also eine staatliche „Doppelleistung“ (Kindergeld und Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt) ausschließen. Sie ist insoweit keine Benachteiligung hilfebedürftiger Familien, sondern entspricht der Systematik unseres Sozialleistungsgefüges.

Auch wenn meine Ausführungen für Sie möglicherweise nicht in jedem Punkt zufrieden stellend sein sollten, hoffe ich doch, dass ich damit zu einem besseren Verständnis der angesprochenen gesetzlichen Regelungen beitragen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ursula von der Leyen