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Ursula von der Leyen
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Frage von Aenne K. •

Frage an Ursula von der Leyen von Aenne K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Dr. von der Leyen,

letztes Jahr starb der Vater meiner minderjährigen Tochter bei einem Skiunfall. Wir waren nicht verheiratet. Meine Tochter erhält jetzt eine Halbwaisenrente berechnet nach den erworbenen Ansprüchen ihres Vaters von der Rentenkasse von 150 Euro. Hiervon werden noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. Sie erhält noch eine Aufstockung vom Jugendamt von 16 Euro von der Unterhaltsvorschusskasse allerdings nur max. 6 Jahre. Die Erhöhung des Kindergeldes wurde umgehend von dem Vorschuss abgezogen.

In den Erbschaftsangelegenheiten geniesst meine Tochter keinerlei rechtlichen Schutz. Ich bin als unterhaltsverpflichteter Teil verpflichtet diesen Schutz zu gewährleisten. Um meine Tochter vor den Forderungen der Gläubiger ihres Vaters zu schützen habe ich sehr viel Geld für juristische Beratung ausgeben müssen - der Gipfel war allerdings die Forderung des Amtsgerichts München eine Vorschusszahlung von 5000 EUR zu leisten, damit überhaupt ein Nachlaßverfahren eingeleitet wird.

Ich habe im letzten Jahr im Umgang mit den Behörden und staatlichen Institutionen in diesem Fall meinen Glauben an diesen Staat verloren - meine Frage an Sie: Stellen Sie sich den Umgang mit Kindern, die einen Elternteil verloren haben so vor? Sie verlangen mit - Recht - von jedem Elternteil eine Fürsorgepflicht. Ich frage mich nur, wo bleibt die Fürsorgepflicht von Vater Staat in einem solchen Fall. Wie kann es angehen, das minderjährige Kinder nicht automatisch einen rechtlichen Schutz geniessen, der sie vor Schuldnern des Erbes schützt.
Warum berechnet sich eine Halbwaisenrente nach den erworbenen Ansprüchen des Verstorbenen. Diese fallen erwartungsgemäß gering aus, wenn die Kinder noch klein sind und der Elternteil daher wenig in die Rentenkasse einzahlen konnte. Warum gibt es keine einheitliche von Staat gezahlte Halbwaisenrente (viele solcher Fälle kann es ja nicht geben, dass der Staat davon bankrott geht).

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Kolander,

für Ihre Nachricht vom 4. September 2009 zur Berechnung der Waisenrente danke ich Ihnen.

Eine Waisenrente wird nach dem Tode eines Elternteils gezahlt, sofern der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat.
Waisenrente wird bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt, darüber hinaus längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bei

· Schul- oder Berufsausbildung,
· Ableistung eines Jugendfreiwilligendienstes,
· Behinderung, sofern bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.

Die Höhe der Rente beträgt für Halbwaisen 10%, für Vollwaisen 20% der Rente, die die versicherte Person erhalten hätte, wenn sie am Todestag nicht verstorben, sondern dauerhaft erwerbsunfähig geworden wäre. Die Waisenrente erhöht sich um einen individuellen Zuschlag, errechnet aus sämtlichen rentenrechtlichen Zeiten der/des verstorbenen Versicherten.

Bei der Hinterbliebenenrente handelt es sich, anders als bei einer Versichertenrente, die aufgrund eigener Beitragsleistung selbst erworben wurde, um eine von der Versichertenrente der verstorbenen Person abgeleitete Rente. Die Ableitung zieht zwangsläufig die Verknüpfung mit der Höhe der vom Verstorbenen erworbenen Anwartschaften nach sich.

Um sehr niedrige Renten für Hinterbliebene von früh verstorbenen Versicherten, die erst wenige Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt haben, zu vermeiden, wird ein Ausgleich durch die Zurechnungszeit geschaffen. Mit der Zurechnungszeit werden die tatsächlich zurückgelegten Jahre aufgestockt; sie verlängert die tatsächlich zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten, ohne dass besondere Anrechnungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Sie beginnt bei einer Hinterbliebenenrente mit dem Tod der versicherten Person und endet mit der (rechnerischen) Vollendung ihres 60. Lebensjahres. Die Zurechnungszeit wird mit einem Durchschnittswert der zurückgelegten Versicherungszeiten bewertet und steigert so die Rente.

Darüber hinaus wird - wie bereits erwähnt - für Waisenrenten ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten gewährt, der sich an der Anzahl der Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten des Versicherten orientiert. Rentenrechtliche Zeit in diesem Sinne ist auch die Zurechnungszeit. Bei einer Halbwaisenrente beträgt der Zuschlag 1 Entgeltpunkt pro Jahr an rentenrechtlichen Zeiten. Die Zurechnungszeit entfaltet somit eine doppelte Wirkung: Zum einen trägt sie zur Erhöhung der rentenrechtlichen Zeiten des verstorbenen versicherten Person bei, zum anderen wird sie - neben den von der versicherten Person zurückgelegten Beitragszeiten - mit dem beschriebenen Zuschlag belegt.

Aus der grundsätzlichen Leistungsbezogenheit der gesetzlichen Rente folgt, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht in jedem Fall die Deckung des Lebensbedarfs sicherstellen kann. Dies gilt - trotz der beschriebenen Ausgleichsmechanismen - auch für die Hinterbliebenenrente. Diese Aufgabe kommt vielmehr - wenn andere Möglichkeiten zur Deckung des Lebensbedarfs nicht bestehen - den staatlichen Fürsorgeleistungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. bei Arbeitslosigkeit zu.

Auch wenn ich Ihnen aus den genannten Gründen keine Rechtsänderung in Aussicht stellen kann, so hoffe ich doch, dass ich Ihnen die bestehenden Regelungen so darlegen und begründen konnte, dass Sie Verständnis dafür haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ursula von der Leyen