Frage an Ursula von der Leyen von Ahmet D. bezüglich Familie
Sehr geehrte Ministerin Frau Dr. von der Leyen,
zuerst einmal bin ich sehr überrascht, das Sie Zeit für eine ausgiebige Antwort gefunden.
Thema "Arbeitslosigkeit während der Elternzeit führt bei nicht akadmischen Alleinerziehenden und Familien unweigerlich zum sozialen Abstieg"; Frage vom 6.8; Ant. vom 14.8.
Sie beschreiben zwar sehr schön die Regelung zur Entgeltbemessung und die notwendigen Voraussetzungen zum Anspruch von ALG1, aber gehen der Problematik der Kinderbetreuung aus dem Weg.
Es ist doch so, das Personen die keine Kinderbetreuung nachweisen können, egal ob professionell oder nicht, den Anspruch auf ALG1 verlieren. Gerade diesen Personen sollte, aus meiner sozialen Sicht, der Anspruch zugewiesen werden. So könnten diese Personen sich über E-Learning und Fernstudienangebote weiterbilden um sich dem Arbeitsmarkt attraktiver zu machen. Innerhalb von Hatz4 sind Weiterbildungsangebote nicht wahrzunehmen.
Auch die Entgeltbemessung Berücksichtigt hierbei nicht Personen die während der Elternezit in die Arbeitslosigkeit fallen. Begründung: Die Elternzeit beträgt bekanntlich 3 Jahre. Löhne innerhalb 3 Jahren haben sich keineswegs, bedingt durch die Wirtschaft, negativ verändert.
Nehmen wir an eine Arzthelferin die ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1.200 € bezieht und 4 Wochen vor der Geburt des Kindes Arbeitslos wird, würde ca. 500-600 € Elterngeld beziehen. Nach dem 1-jährigen Elterngeld würde Sie dann nach der Entgeltbemessung 200-300 € Brutto bekommen. Würde man fairerweise das zu erwartete Entgelt, aufgrund der beruflichen Qualifikation, ansetzen, so würde die Person 500-600 € Brutto bekommen.
Also sie sehen, dass die von mir angesprochene Ungerechtigkeit bestehen bleibt. Sowohl in Sachen der Kinderbetreuung als auch in Sachen der Engeltbemessung.
Ich finde es sollten Förderungsmöglichkeiten geben, für alleinerziehende Personen und arbeitslose Mütter, ohne Kindesbetreuungspflicht, diverse Weiterbildungsangebote wahrzunehmen.
Wie stehen Sie dazu?
Hv.
Sehr geehrter Herr Dingil,
für Arbeitslose, die Arbeitslosengeld beziehen und gleichzeitig Kinder betreuen, reicht es aus, der Arbeitsvermittlung gegenüber zu erklären, dass die Kinderbetreuung sichergestellt ist, wenn ein Jobangebot konkret wird oder eine Weiterbildungsmaßnahme ansteht. Das muss keine professionelle Kinderbetreuung sein. Es reicht völlig, wenn z.B. Verwandte oder Nachbarn bereit sind, bei Bedarf einzuspringen und das auch gegenüber der Arbeitsagentur zu bestätigen.
Zu Ihrem Beispielsfall: Hier bemisst sich das Arbeitslosengeld nach dem ehemals erzielten Einkommen. Schließlich gilt die erweiterte Bemessungsfrist von zwei Jahren, und da sind 150 Tage mit Arbeitsentgelt belegt. Außerdem können Frauen, die im Job ausgesetzt haben, um Kinder zu erziehen oder Angehörige zu pflegen, als "Berufsrückkehrerinnen" an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Es spielt keine Rolle, wie lange sie ausgesetzt haben, wichtig ist nur, dass sie die allgemeinen Förderungsvoraussetzungen erfüllen. Die Lehrgangsteilnehmerinnen können sogar ergänzend Kostenübernahme für notwendige Kinderbetreuung geltend machen.
Mir ist klar, dass vor allem in den Westländern das Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren bei weitem noch nicht den Bedarf deckt. Erfreulich ist jedoch, dass der Ausbau der Kinderbetreuung bis 2013 dort mittlerweile in vollem Gange ist; die Länder haben Anfang September bereits 95% der rund 750 Millionen Euro an Investitionsmittel des Bundes, die ihnen bis Jahresende zustehen, für konkrete Bauvorhaben bewilligt. Das zeigt, dass gerade in erheblichem Umfang gebaut wird. Wo großer Nachholbedarf da ist, wird schnell aufgeholt. In Nordrhein-Westfalen gab es Mitte 2005 gerade mal 11.800 Plätze für Kinder unter drei Jahren, Anfang August 2009 waren es bereits 86.000. In Niedersachsen sind seit Anfang des Jahres Monat für Monat im Schnitt 300 neue Plätze pro Monat entstanden, allein in den beiden Ferienmonaten Juni und Juli 1.400 neue Plätze. Diese Dynamik spricht für sich.
Die Bundesregierung will eine Familienpolitik, die Eltern und Kinder in jeder Lebensphase nachhaltig stützt. Insbesondere durch gute Rahmenbedingungen für Familien ergänzende Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder. Ein wichtiger Teil dieser Familienpolitik ist der bedarfsgerechte und qualitätsorientierte Ausbau der Kindertagesbetreuung. Denn: Frühe Förderung verbessert die Chancen der Kinder auf einen guten Start ins leben.
Unser Blick ist dabei auf die ganz Kleinen gerichtet. Für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres, für die ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht, ist der Bedarf an Betreuungsplätzen zu über 90 Prozent bereits gedeckt. Sehr viel schlechter sieht es bei den Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren aus (nur 17,8 Prozent in ganz Deutschland).
Ziel der Bundesregierung ist daher, mit familiennahen Angeboten und einer vielfältigen Betreuungslandschaft bis zum Jahr 2013 für bundesweit im Durchschnitt 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen qualitativ hochwertigen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege zu schaffen.
Das ist kein leichter Weg dorthin, aber die wichtigsten Meilensteine zum Erreichen des Ziels wurden schon gesetzt. Die gesetzliche Grundlage ist mit dem Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes geschaffen und die Finanzierung des Ausbaus der Kinderbetreuung ist sichergestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ursula von der Leyen