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Frage von Ahmet D. •

Frage an Ursula von der Leyen von Ahmet D. bezüglich Familie

Sehr geehrte Ministerin Frau Dr. von der Leyen,

vermutlich bringt es nichts Sie über diese Plattform anzusprechen und auf eine, aus meiner Sicht, sehr unfaire und anti-famliliäre Sozialpolitik hinzuweisen. Aber trotzdem habe ich Hoffnung auf ein Gehör für die Bedürfnisse von Familien.

Wie kann das sein das bei der Berechnung des ALG1 als Grundlage nicht das letzte Gehalt sondern das Elterngeld dient? Somit hat jede Familie die während, davor oder kurz nach der Elternzeit in die Arbeitslosigkeit geratet einen Einkommensverlust von ca. 35%. Ist das fair? Ist das konstruktive Familienpolitik?

Wie kann das sein, das Eltern nur dann einen ALG 1 Anspruch haben wenn Sie denn eine Betreuung nachweisen können? Somit fällt jede Familie die keine Betreuung für Ihre Kinder haben automatisch in die Hartz4 Regelung. Diesem Zustand folgt ein sozialer Abstieg, eine psychologische Belastung und ein erneuter Einkommensverlust. Ist das gerecht?

Ich habe ja Verständnis das bei der ALG2 Regelung fast alles angerechnet wird um die Sozialkassen nicht zu belasten. Aber die ALG1 dient ja nicht zur Sozialsicherung sondern ist ein Lohnausgleich um schnell wieder im Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Also ist Sie aus meiner Sicht Beschätigungsfördernd. Hierzu zählt einmal ein höheres Einkommen um Kosten für diverse Notwendigkeiten bei der Arbeitssuche zu decken, Mobilität oder etwa Kosten bei der Kommunikation mit dem Arbeitsmarkt, und zum 2ten ist sie Beitragsorientiert.

Tatsache ist aber das Familien und Alleinerziehende unter der aktuellen Relegung leiden.
Wären mir diese schwierigen Gegebenheiten bekannt, so hätte ich es mir 3 mal Überlegt Kinder zu bekommen. Es kann und darf nicht sein das eine Familiengründung für nicht akademische Haushalte zum sozialen Abstieg führt.

Was sind Ihre konkreten Ziele oder Gedanken um diese Gegebenheit familiär auszugleichen?
Sind weitere Reformen zu erwarten die junge nicht akademische Familien weiter unterstützen?

Hochachtungsvoll

Dingil

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dingil,

der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt u.a. voraus, dass der Arbeitslose sich zum einen selbst um Arbeit bemüht und zum anderen den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit jederzeit z.B. für die Vorstellung bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber, die Aufnahme einer neuen Beschäftigung oder die Teilnahme an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme zur Verfügung steht.

Arbeitslose, die während des Bezuges von Arbeitslosengeld ihre Kinder betreuen, stehen der Arbeitsvermittlung nur dann zur Verfügung, wenn sie erklären, dass die Kinderbetreuung für den Fall der Arbeitsaufnahme oder die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme sicher gestellt ist. Nicht erforderlich ist, dass die Kinderbetreuung durch professionelle Stellen gewährleistet wird; ausreichend wäre z.B. auch, wenn eine Verwandte oder Nachbarin im Bedarfsfalle die Betreuung übernehmen kann.

Das Arbeitslosengeld hat die Aufgabe, das Arbeitsentgelt (teilweise) zu ersetzen, das Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wegen Arbeitslosigkeit aktuell nicht erzielen können. Maßgeblich ist deshalb das Entgelt, das Arbeitslose in einer neuen Beschäftigung verdienen könnten, nicht hingegen der Verdienst in den zurückliegenden Jahren. In der Regel geht der Gesetzgeber jedoch davon aus, dass Arbeitslose auch aktuell das Arbeitsentgelt erzielen könnten, das sie unmittelbar vor der Arbeitslosigkeit erzielt haben.

Grundlage für die Bemessung des Arbeitslosengeldes ist deshalb im Regelfall das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose im letzten Jahr vor der Entstehung des Leistungsanspruchs (Bemessungszeitraum) durchschnittlich erzielt haben.

Angesichts der tief greifenden und immer schnelleren Veränderungen, die sich aufgrund des internationalen Wettbewerbs für die deutsche Wirtschaftund die Arbeitsbedingungen der abhängig Beschäftigten ergeben, ist die Vermutung, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aktuell das Entgelt erzielen können, das sie früher erzielt haben, nicht mehr gerechtfertigt, wenn das erzielte Entgelt bereits längere Zeit zurückliegt. Die Arbeitsagenturen ermitteln dann, welches Entgelt der oder die Arbeitslose aufgrund der beruflichen Qualifikation in einer neuen Beschäftigung erzielen könnte (so genannte "fiktive Bemessung"). Maßgeblich sind die Beschäftigungen, auf die sich auch die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsvermittlung in erster Linie konzentrieren.

Seit 2005 wird als aktuelles Arbeitsentgelt daher grundsätzlich nur noch das Entgelt angesehen, das innerhalb des letzten Jahres für einen Zeitraum von mindestens 150 Tagen erzielt wurde. Enthält das letzte Jahr weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, wird der Bemessungszeitraum auf zwei Jahre erweitert. Liegt die Tätigkeit überhaupt oder die Tätigkeit mit der längeren Arbeitszeit schon so lange zurück, dass ein Zeitraum von 150 Tagen auch in diesem erweiterten Zeitrahmen von zwei Jahren nicht mehr erreicht werden kann, so erfolgt die Bemessung des Arbeitslosengeldes nicht nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt, sondern nach einem fiktiven (Vollzeit)Entgelt. Das fiktive Arbeitsentgelt bestimmt sich nach einem von vier gesetzlich festgelegten Entgelten - nicht nach dem vor der Arbeitslosigkeit bezogenen Elterngeld. Das fiktive Arbeitsentgelt orientiert sich an der beruflichen Qualifikation, die für die gesuchte Beschäftigung erforderlich ist. Es kann dabei höher oder niedriger sein als das vor Jahren erzielte - vom Gesetzgeber als nicht mehr repräsentativ angesehene - tatsächliche Arbeitsentgelt.

Waren während der Elternzeit die Arbeitszeit und das erzielte Arbeitsentgelt vermindert, verhindert eine Sonderregelung, dass dieses reduzierte Arbeitsentgelt als Maßstab für das Arbeitslosengeld herangezogen wird.

Wurde aber während der Erziehungszeit überhaupt kein Arbeitsentgelt erzielt, bleibt es bei der allgemeinen Regelung mit der Folge, dass gegebenenfalls das oben beschriebene fiktive Arbeitsentgelt greift. Da dieses höher oder niedriger als das vormals erzielte tatsächliche Arbeitsentgelt sein kann, ist damit keine systematische Benachteilung von Kindererziehenden, die ihr Recht auf Elternzeit wahrnehmen, verbunden. Das neue Verfahren führt in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu sachgerechten Ergebnissen. Nachteile können sich für Arbeitnehmer(innen) ergeben, die - z.B. wegen der guten Ertragslage ihres letzten Beschäftigungsbetriebes oder wegen besonders langer Betriebszugehörigkeit - überdurchschnittlich gut verdient haben, aber nicht damit rechnen können, diesen Verdienst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aktuell erzielen zu können. Diejenigen, die vor der Erziehungsphase unterdurchschnittlich verdient haben, stehen sich mit der Neuregelung besser.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ursula von der Leyen