Frage an Ursula Hammann von Thomas S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Hermann,
Frau Popp fragt Sie am 01.11.2014 warum sie selbet aLs Vegetarierin gegen die eigene Überzeugung gezwungen wird Tiertransporte, Masttierhaltungen etc. mit ihrem Steuergeldern mit zu bezahlen?
In Ihrer am 10.11.2014 erteilten Antwort weisen Sie darauf, dass die Grünen für den Tierschutz relevante Ergebnisse in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU erzielen konnten, große Gestaltungsmöglichkeiten bezweckt hätten und nun eine tierschutzgerechte Politik in Hessen aufbauen könnten.
http://www.abgeordnetenwatch.de/ursula_hammann-1152-77789--f427234.html#q427234
Leider kann ich ähnlich wie Frau Popp nicht erkennen, das Sie sich um eine sinnvolle Beantwortung der oben wiedergegebenen Frage bemühen. Auf die gravierenden Probleme der Massentierhaltung kommen Sie m.E. nicht wirklich zu sprechen bzw. beschönigen die Lage. So behaupten Sie in Ihrer im November 2014 erteilten Antwort, dass es künftig in Hessen keine Tötung von männlichen Eintagsküken mehr geben würde, der HR meldet aber am 24.02.2016:
"In Hessen werden jedes Jahr immer noch rund 12 Millionen männliche Küken direkt nach der Geburt getötet und an andere Tiere verfüttert.(..)Dabei hatte Ministerin Hinz Ende 2014 ein Verbot dieser Praxis angekündigt - die Umsetzung aber lässt auf sich warten. In Dieburg bei Darmstadt gibt es mit der LSL Rhein-Main die größte Brüterei in Deutschland. Hier werden bundesweit laut den Tierschützern von Peta die meisten männlichen Küken getötet"
http://www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp?rubrik=54163&key=standard_document_59432714
Am 10.08.2016 titelt die Offenbach-Post aud Seite 1: "Massenhafte Küken-Töten geht bis mindestens 2019 weiter". Die von Umwelt- und Landwiretschaftsministerin Hinz angekündigte technische Lösung des Problems sei vor diesem Datum laut Aussage des "Runden Tisch Tierwohl" nicht zu erwarten.
Wie erklären Sie den Widerspruch zwischen Ihrer Rede und der Realität?
Mit freundlichen Grüßen, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
Sie können versichert sein, dass es uns GRÜNEN und auch mir persönlich bei allen tierschutzrelevanten Fragen immer darum geht, unnötiges Leid für Tiere zu vermeiden und die Unversehrtheit der Tiere sicher zu stellen. Tierschutz ist ein Staatsziel und damit ein klarer Auftrag an die Politik und alle weiteren Handelnden, den Tierschutz kontinuierlich zu verbessern.
In meiner von Ihnen genannten Antwort von November 2014 habe ich genau das dargestellt: das Land Hessen verbessert den Tierschutz in sehr vielen Bereichen und mit den Möglichkeiten, die wir als Bundesland haben. Diese Aufgabe wird noch eine lange Zeit und auch viel Kraft benötigen und ist leider nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Daher bin ich sehr froh, dass wir in Hessen in einer schwarz-grünen Landesregierung bereits sehr viel Gutes für den Tierschutz erreichen konnten und das wir in dieser Richtung weiterhin aktiv mitgestalten können. Auch die Hessische Tierschutzbeauftragte hat in ihrem aktuellen Tierschutzbericht der bisherigen Arbeit der Landesregierung für den Tierschutz ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt.
Neben vielen anderen wichtigen Bereichen des Tierschutzes ist eine unserer großen Aufgaben die Herbeiführung von tiergerechten Bedingungen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Das beginnt bei der Zucht und geht über die Haltung bis hin zu Transport und Schlachtung. Dafür wollen wir alle vorhandenen Spielräume auf Landesebene nutzen und eine aktive Politik zum Schutz der Tiere und ihrer Gesundheit betreiben. Aus diesem Grund hat die Landesregierung 2015 den „Runden Tisch Tierwohl“, bestehend aus allen relevanten Akteuren z. B. den Hessischen Tierschutzbeirat, den Landwirtschaftsverbänden, den Landestierschutzverband, Vertreterinnen und Vertreter von Tierzuchtverbänden, Direktvermarktern, der Landestierärztekammer und der Landestierschutz-Beauftragten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums und der Regierungspräsidien eingerichtet. In diesem Kreis wird gemeinsam und gleichberechtigt über die anstehenden Probleme der tiergerechten Haltung von Nutztieren in der modernen Landwirtschaft diskutiert.
Das von Ihnen erwähnte Verbot zur Tötung von männlichen Eintagsküken ist eines der dort diskutierten Themen und weiterhin für uns in Hessen präsent. Es konnte leider bisher noch nicht umgesetzt werden, da wider aller Erwartung, die Geschlechtsbestimmung im Ei noch immer nicht praxisreif ist. Allerdings liegt es in den Händen der Bundespolitik, hier für Beschleunigung und für Klarheit zu sorgen. Sobald die Freigabe für die Technik besteht, wird es dieses sinnlose Töten der männlichen Küken in Hessen nicht mehr geben.
Der Runde Tisch Tierwohl hat im Übrigen in seinem ersten Jahr viele weitere beispielgebende Signale für den Tierschutz in der Nutztierhaltung setzen können. Mit dem hessischen Verband der Geflügelwirtschaft hat das Land eine Vereinbarung zum Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Legehennen erreicht. Der Verzicht auf dieses Verfahren – mit denen eine gegenseitige Verletzung der Tiere verhindert werden soll – macht eine Umstellung der Haltung und eine intensivere Betreuung nötig, damit sich die Hühner im Stall untereinander nicht an- oder totpicken. Um die Geflügelbetriebe in Hessen dabei zu begleiten und zu unterstützen wurde eigens ein neues Beratungsangebot entwickelt, das der Landesbetrieb Hessische Landwirtschaft (LLH) allen tierhaltenden Betrieben kostenlos zur Verfügung stellt.
Ein ähnliches Verfahren gilt auch für den Verzicht auf das „routinemäßige“ Kürzen des Schwanzes bei Ferkeln. Diese Praxis findet leider allzu oft Anwendung, um gegenseitig zugefügte Bissverletzungen zu verhindern. Um dieses Risiko auch bei nicht amputierten Ringelschwänzen zu verringern, bedarf es vielfältiger Änderung im gesamten Stallmanagement. Darunter fallen sowohl bauliche Änderungen der Ställe, eventuelle Umstellungen in der Fütterung, aber auch eine Schulung der Tierhalter, um auffällige Verhaltensmuster der Tiere frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Diese Inhalte werden sukzessive allen Betrieben vermittelt.
Außerdem wurde eine gemeinsame freiwillige Vereinbarung mit der Landwirtschaft geschlossen, dass Kälber künftig nur noch dann enthornt werden sollen, wenn ihnen vorher Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht werden. Basierend auf einem Beschluss des Runden Tisches hat Hessen einen Antrag im Bundesrat zum Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung bei Rindern eingebracht. Dieser fand im Bundesrat eine breite Mehrheit – allerdings hat Bundesminister Schmidt seither erklärt, hier keinen Handlungsbedarf zu sehen. Wie Sie sehen, sind unsere Bemühungen auf Landesebene nicht in jedem Fall im Bund auf diese Weise weiterverfolgt, was auch für uns immer wieder eine herbe Enttäuschung bedeutet.
Ich hoffe, Ihnen damit aufzeigen zu können, wie facettenreich Tierschutzpolitik ist, wie erfolgreich sie sein kann, wenn man mit allen Beteiligten im Dialog bleibt und dass wir GRÜNE nicht aufhören werden, uns für das Wohl aller Tiere und unserer gesamten Umwelt einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Hammann, MdL