Frage an Ulrich Kelber von Fabian B. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Kelber,
vor kurzem ist meine jüngere Schwester einem fragwürdigen Unternehmen auf den Leim gegangen. In ihrem naiven Glauben, kostenlos Sachen aus dem Internet herunterladen zu können, hat sie sich auf einer Seite ( http://www.opendownload.de ) angemeldet. Diese Seite versprach den download von freeware-Produkten, also Produkten, die frei im Internet erhältlich sind. Was sie nicht wusste und was auch auf dieser Seite zunächst nicht erwähnt wurde: Mit dem Abschließen des Anmeldevorgangs kommt ein 2-Jahres-Vertrag zustande, das Widerrufsrecht wird mit einem einzigen Klick außer Kraft gesetzt und die fragwürdige Firma, welche eben diese Seite betreibt, erhält angeblich pro Jahr 96 € All diese Informationen sind nur sehr schwer auffindbar auf dieser Seite und alles andere als offensichtlich. Ihnen sind solche Fälle sicherlich bekannt. Nun kam ein Mahnschreiben einer dubiosen Anwaltskanzleich (Rechtsanwalt Olaf Tank), in welchem meine Schwester aufgefordert wurde, bisher insgesamt 138 € zu zahlen. Nun stellt sich mir doch die Frage:
Wann gibt es endlich rechtsgültige, umfassende Urteile, um solche Abzocken zu verhindern? Jährlich gehen bestimmt viele Bürger solchen Betrügern in die Falle, es gab bisweilen genau 2 Gerichtsverhandlungen, welche zugunsten der Angeklagten, nämlich der in die Falle getappten Verbraucher, ausgegangen sind. Ist die Politik nicht in der Lage, solche Betrugsversuche endgültig zu unterbinden? Verbraucherschützer können Ihnen sicher noch tausende weiterer solcher Fälle schildern, ohne dass je etwas wirksames unternommen wurde. Ich versuche mich über diese Plattform öffentlich zu melden und hoffe, dass Sie mir eine adäquate Antwort auf meine Fragen geben können.
Mit freundlichen Grüßen,
Fabian Bodag
Sehr geehrter Herr Bodag,
vielen Dank für Ihre Anfrage, Sie haben recht: Verbraucherinnen und Verbraucher werden gar nicht selten mit solchen Gebaren im Internet konfrontiert und müssen sich wehren, damit sie nicht über den Tisch gezogen werden. Die Verbraucherverbände wollen und können auch helfen, kommen aber dabei aber kaum nach. Ich habe mir die von Ihnen genannte Seite angesehen, und würde Ihnen bzw. Ihrer Schwester dringend empfehlen, sich nicht einschüchtern zu lassen, Widerspruch einzulegen bzw. rechtlichen Rat bei der Verbraucherzentrale oder einem Anwalt zu suchen. Denn es stellt sich die Frage, ob die Vorschriften der Preisangabenverordnung und zur Widerrufserklärung eingehalten worden sind, oder ob bei einem Angebot, bei dem der Verbraucher im Normalfall von dessen Kostenfreiheit ausgeht, nicht besondere Anforderungen an die graphische Gestaltung der Preisangabe zu stellen sind. Einige Gerichte haben jedenfalls in diesem Sinn entschieden, auch wenn derartige Urteile immer auf den jeweiligen Einzelfall bezogen sind. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat bereits im Oktober letzten Jahres darauf hingewiesen, dass dieses Angebot ihres Erachtens unseriös ist und sie stellt dazu auch einen Musterbrief zur Verfügung.
Die Verbraucherzentralen und auch andere Verbraucherverbände haben generell die Möglichkeit, rechtlich gegen unseriöse Seitenbetreiber vorzugehen und von diesen eine korrekte Gestaltung zu verlangen. U.a. zur Wahrnehmung dieser Aufgaben werden die Verbraucherzentralen und ihr Bundesverband auch mit öffentlichen Mitteln gefördert. Auch die Wettbewerbszentrale geht gegen Verstöße vor. Alle diese Institutionen sind für Hinweise von Verbraucherinnen und Verbrauchern dankbar. Zur generellen Verbesserung der Rechtslage beraten wir derzeit den „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“, mit dem Missständen bei der Telefonwerbung und „untergeschobenen“ Verträgen ein Riegel vorgeschoben werden soll. Unter anderem sollen mit diesem Gesetz die Widerrufsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf bzw. Bestellung im Netz erweitert und so gestaltet werden, dass Unternehmen keinen wirtschaftlichen Anreiz haben, die Verbraucherrechte nicht einzuhalten. Der Entwurf liegt seit November letzten Jahres dem Bundestag vor, und ich hoffe dass wir dieses Vorhaben bald verabschieden können. Auf europäischer Ebene wird zudem derzeit ein Richtlinienvorschlag der EU-Kommission verhandelt, der die Rechte von Verbrauchern im Bereich des Internethandels zum Gegenstand hat. Der Vorschlag der Kommission sieht hier eine Pflicht zur transparenten Preisgestaltung vor. Der Gesetzgeber wird nie imstande sein, Betrugsversuche unlauterer Unternehmen gänzlich zu verhindern, den „schwarze Schafe“ gibt es überall. Wir können aber die Rahmenbedingungen so gestalten, es diesen möglichst schwer gemacht wird, ohne den leichten Geschäftsverkehr unnötig zu behindern. Und wir können dafür sorgen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher besser über ihre Rechte Bescheid wissen und Unterstützung bei deren Durchsetzung erhalten. Wir haben dabei in den vergangenen Jahren schon einiges erreicht, sind aber noch nicht am Ende: Auf nationaler wie auch auf EU-Ebene werden dazu mehrere Ansätze diskutiert. Sie können sich sicher sein: Für mich und für die SPD steht dieses Anliegen ganz oben auf der Agenda.
Mit freundliche Grüßen
Ulrich Kelber